Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Werner S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger,
ich würde gerne von Ihnen wissen, wie Sie zur CCS-Technologie, also der CO2-Abscheidung und -Lagerung im Untergrund und zur Energiewende im allgemeinen stehen.
1. Halten Sie CCS auch für eine bloße Übergangstechnologie, die derzeit noch nicht erprobt und ausgereift ist und die selbst bei positiven Ergebnissen lediglich eine vorübergehende Lösung bilden könnte?
2. Sind Sie auch der Meinung, dass das für diese Technologie aufgewendete Kapital nicht schneller und besser wirksam gleich in die Errichtung Regenerativer Energie- und Energieeinspar-Projekte sowie die Weiterentwicklung insbesondere der Geothermie, Biomasse, Sonne, Wasser und Wind u.a gesteckt werden sollte?
3. Sind Sie dafür, dass Gebiete, in denen CCS geplant ist, für andere ökologische Projekte gesperrt sind, nicht jedoch umgekehrt? Wäre es nicht besser und für den Klimaschutz zielführender, der Geothermie und damit den erneuerbaren Energien sowie ggf. der Druckluftspeicherung von regenerativer Überschussenergie grundsätzlich Vorrang einzuräumen?
4. Halten Sie es für richtig, dass bei einer notwendigerweise so langfristig angelegten "Endlagerung" des CO2 die Konzerne, die die Einnahmen aus der Stromerzeugung erzielen, nur 30 Jahre für die Überwachung und Sicherung sowie für finanzielle und rechtliche Risiken aufkommen bzw. haften müssen, danach aber das Risiko und die Kosten auf die Allgemeinheit umgelegt werden?
5. Wie stehen Sie generell zur notwendigen 100%-Energiewende? Welchen Zeitraum halten Sie dafür für erforderlich und angemessen?
Vielen Dank für Ihre baldige und ausführliche Antwort.
Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf zu CCS in der aktuell vorliegenden Fassung nicht zu befürworten.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Seichter
83607 Holzkirchen
Sehr geehrter Herr Seichter,
vielen Dank für die Zusendung Ihres Schreibens vom 10. Mai 2009.
Gerne nehme ich zu den von Ihnen gestellten Fragen Stellung:
1. Halten Sie CCS auch für eine bloße Übergangstechnologie, die derzeit noch nicht erprobt und ausgereift ist und die selbst bei positiven Ergebnissen lediglich eine vorübergehende Lösung bilden könnte?
Schon allein aufgrund der limitierten Speicherkapazitäten wird die CCS-Technologie nicht ewig zur Verfügung stehen. Doch solange Speicherkapazitäten vorhanden sind und wir unseren Energiebedarf auch mit Kohle decken, wäre es aus Sicht der FDP klima- und energiepolitisch fahrlässig, CCS nicht als Klimaschutztechnologie in Betracht zu ziehen. Schließlich spricht vieles dafür, dass man mit CCS den CO2-Ausstoß der Kohlekraftwerke um bis zu 85 % senken kann.
2. Sind Sie auch der Meinung, dass das für diese Technologie aufgewendete Kapital nicht schneller und besser wirksam gleich in die Errichtung Regenerativer Energie- und Energieeinspar-Projekte sowie die Weiterentwicklung insbesondere der Geothermie, Biomasse, Sonne, Wasser und Wind u.a gesteckt werden sollte?
Die FDP ist der Meinung, erneuerbare Energien und CCS sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Deutschland braucht einen breiten Energiemix. Natürlich ist der Ausbau von erneuerbaren Energien wichtig. Aber, egal ob wir uns das wünschen oder nicht, im Gegensatz zur Kohle sind die erneuerbaren Energien im Moment einfach noch nicht grundlastfähig. Von heute auf morgen auf die Kohle zu verzichten, funktioniert also nicht. Umso wichtiger ist es, die Kohle mittels CCS klimafreundlich zu machen.
3. Sind Sie dafür, dass Gebiete, in denen CCS geplant ist, für andere ökologische Projekte gesperrt sind, nicht jedoch umgekehrt? Wäre es nicht besser und für den Klimaschutz zielführender, der Geothermie und damit den erneuerbaren Energien sowie ggf. der Druckluftspeicherung von regenerativer Überschussenergie grundsätzlich Vorrang einzuräumen?
Regelungen hinsichtlich der Nutzungskonkurrenzen dürfen nicht dazu führen, dass Flächen schon einfach deshalb für CCS blockiert werden, weil sie vielleicht früher oder später für die CO2-Speicherung interessant werden könnten. Bis jetzt ist der Gesetzesentwurf an dieser Stelle tatsächlich relativ schwammig formuliert. Vor allem eine konkrete Frist, wie lange alternative Nutzungen wie die Geothermie außen vorbleiben müssen, gibt es nicht. Auch wir Liberale sehen hier unter Umständen noch Verbesserungsbedarf.
4. Halten Sie es für richtig, dass bei einer notwendigerweise so langfristig angelegten "Endlagerung" des CO2 die Konzerne, die die Einnahmen aus der Stromerzeugung erzielen, nur 30 Jahre für die Überwachung und Sicherung sowie für finanzielle und rechtliche Risiken aufkommen bzw. haften müssen, danach aber das Risiko und die Kosten auf die Allgemeinheit umgelegt werden?
Auch wenn die Verantwortung nach dem Gesetzesentwurf 30 Jahre nach der Schließung des CO2-Speichers von den Betreibern auf den Staat übergehen kann, hört die finanzielle Einstandspflicht der Betreiber zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig auf. Vielmehr können die Betreiber für weitere 30 Jahre für voraussehbare Aufwendungen der Überwachung (sog. Nachsorge) in Regress genommen werden und auch hierfür müssen die Betreiber finanzielle Vorkehrungen treffen. Geht man also davon aus, dass ein Speicher ca. 40 bis 50 Jahre betrieben wird, die Betreiber mindestens weitere 30 Jahre voll in der Verantwortung stehen und weitere 30 Jahre zur Nachsorge herangezogen werden können, ergibt sich ein Verantwortungszeitraum der Betreiber von ca. 100 Jahren.
5. Wie stehen Sie generell zur notwendigen 100%-Energiewende? Welchen Zeitraum halten Sie dafür für erforderlich und angemessen?
Langfristig ist eine solche Energiewende sinnvoll. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings die Grundlastfähigkeit der erneuerbaren Energien. Doch vor allem die Speichertechnologie, die hierfür notwendig ist, steckt momentan erst in den Kinderschuhen.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger