Frage an Ruprecht Polenz von Lars H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Polenz,
heute sah ich auf SPIEGEL ONLINE ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,612560,00.html ) bzw. bei Heise ( http://www.heise.de/newsticker/Schaeuble-kritisiert-Bundesverfassungsgericht--/meldung/134394 ) Ihren Parteikollegen Herrn Dr. Schäuble mit folgenden Aussagen in Bezug auf das BVerfG wiedergegeben:
Er habe "Zweifel, ob das Verfassungsgericht wirklich entscheiden sollte, für welche Straftaten man welches Instrument gesetzlich vorsehen kann oder nicht".
"Es ist doch Sache des Gesetzgebers, zu sagen: Für diese Straftat kann ich dieses Instrument einsetzen - für jene nicht."
"Wer Gesetze gestalten will, sollte sich bemühen, Mitglied des Deutschen Bundestages zu werden."
Den "einmaligen Kompetenzen" des Bundesverfassungsgerichts entspreche "ein hohes Maß an Zurückhaltung mit öffentlichen Äußerungen"
Offen gestanden bin ich über solche Äußerungen, gerade des Innenministers, mehr als entsetzt. Auch mir wäre es bedeutend lieber, wenn das BVerfG die Legislative in den letzten Jahren nicht immer wieder an scheinbar von vielen Politikern als lästig empfundene Grundrechte erinnern müsste, jedoch weil ich mir von Politikern einen gewissen Respekt gegenüber unserer Verfassung und dem Souverän wünsche.
Wie stehen Sie zu den Äußerungen von Herrn Schäuble? Als wie wichtig empfinden Sie die von unserer Verfassung verbrieften Grundrechte und die Gewaltenteilung? Warum ist es so schwer und warum wird scheinbar so wenig Kraft darauf verwendet, verfassungskonforme Gesetze zu verabschieden? Müssen "Anti-Terror-Gesetze" immer an der Grenze unserer Grundrechte liegen oder diese gar überschreiten? Glauben Sie nicht, dass man dadurch selbst die Freiheit aufgibt, die man zu schützen versucht?
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Hummert
Sehr geehrter Herr Hummert,
Ihre Frage vom 11. März 2009 habe ich erhalten.
Auch das Verfassungsgericht steht nicht außerhalb jeder Kritik, und es ist das gute Recht des Innenministers, solche zu äußern.
Nicht nur, aber vor allen Dingen auch bei der Verstärkung von sogenannten Anti-Terror-Gesetzen geht es um die schwierige Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit. Die Flughafenkontrollen kosten und schwächen unsere Freiheit, einfach so an Bord zu gehen, aber um Flugzeugentführungen und Anschläge zu verhindern, sind wir bereit, diese Einschränkungen auf uns zu nehmen. Ich glaube, dass uns die Gratwanderung im Großen und Ganzen gelungen ist. Dass es bei der einen oder anderen gesetzlichen Vorschrift zu Beanstandungen durch das Bundesverfassungsgericht kam, zeigt aus meiner Sicht nur, dass unter dem Strich unsere Verfassung funktioniert.
Mit freundlichen Grüßen
Ruprecht Polenz