Portrait von Ruprecht Polenz
Ruprecht Polenz
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ruprecht Polenz zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Martin D. •

Frage an Ruprecht Polenz von Martin D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Polenz,

Am 15.02.2009 hat sich Hugo Chavez Wiederwahl auf Lebenszeit gesichert.

Herr Chavez betreibt eine offene Rüstungspolitik und unterstützt damit strukturschwache Länder wie Equador, Bolivien, Kuba in Form militärischer Abkommen und Wirtschaftshilfe. Militärkooperation wird auch mit Staaten wie Russland vorrangetrieben.

Die deutsche Bundesregierung hat sich auch im Rahmen ihrer Europapolitik zu regionaler Integration in Lateinamerika eingesetzt, gerade das bisher nur assoziierte MERCOSUR-Mitglied Chile kann auf eine Reihe bilateraler Abkommen mit der BRD und der EG/EU zurückblicken.

Ich hätte jetzt speziell zwei Fragen:

1. Wie wird von Ihnen, als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschuss diese Wiederwahloption eines Staates gewertet, von dem Deutschand zwar wirtschaftlich nicht abhängig ist, der aber den von Deutschland protegierten Prinzipien der Aussenpolitik entgegenaerbeitet und somit Integrationsprojekte in Lateinamerika stark gefährdet? Längerfristig ist von einer Verstärkung der Allianz mit Bolivien auszugehen. Damit steigt auch die militärische Bewegungsfreiheit Venezuelas auf dem Kontinent; militärische Projekte werden -gerade mit dem Hinblick der gerade bestätigten Bolivainischen Verfassung- auch längerfristig förderfähig.

2. Die Bundesregierung hat eine auf Wirtschaftshilfe fokusierte Lateinamerikapolitik. Wie wird auf das Erstarken eines lateinamerikanischen Neo-Sozialismus von Seiten der Bundesregierung und betatenden Gremien wie dem Auswärtigen Ausschuss reagiert? Gibt es Tendenzen zum Paradigmenwechsel innerhalb der diplomatischen Beziehungen und Freundschaften zu solchen Staaten im Sinne einer Mehrgewichtung demokratiefördernder Politik wie sie beispielsweise bereits deutsche politische Stiftungen realisieren? Was für Möglichkeiten bietet die BRD im aussenpolitischen Umgang mit Staaten wie Venezuela an? Was gibt es für Anreize?

Herzliche Grüße,
Martin David

Portrait von Ruprecht Polenz
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr David,

vielen Dank für Ihre Frage vom 16. Februar zur Außenpolitik der Bundesregierung in Bezug auf die aktuellen Ereignisse in Venezuela und eine Einschätzung der politischen Lage in diesem Land.

Ich sehe die Entwicklungen in Venezuela aus verschiedenen Gründen mit Besorgnis: Zunächst weist die Gewaltenteilung und insbesondere die Justiz des Landes Defizite auf. Im Zusammenhang mit dieser Tatsache ist das Referendum zur Aufhebung der Mandatsbeschränkung für den Präsidenten kritisch zu sehen. Würde der venezolanische Präsident Hugo Chávez für eine dritte Amtszeit wiedergewählt, wäre er 20 Jahre im Amt. Auch Eingriffe in Presse- und Meinungsfreiheit geben Anlass zur Sorge.

Trotzdem haben letztendlich die Venezolaner selbst in einer Wahl mit 54 Prozent ihre Zustimmung zur Änderung der Verfassung gegeben. Nun wird man beobachten müssen, wie sich die (innen)politische Lage weiterentwickeln wird und auch, welche Möglichkeiten die Opposition hat und nutzen kann.

Deutschland engagiert sich im Rahmen der Partnerschaft EU-Lateinamerika/Karibik (LAK), der u.a. Länder wie Argentinien, Kuba oder auch Mexiko angehören. Diese Kooperation bemüht sich zum Beispiel um die nachhaltige Entwicklung, Armutsbekämpfung und die Stärkung des Zusammenhaltes innerhalb der Gesellschaften dieser Länder. Außerdem ist die EU der zweitgrößte Handelspartner der LAK.

Auch mit Venezuela besteht eine Partnerschaft, die zum Beispiel mittels des Allgemeinen Zollpräferenzsystems (APS) venezolanischen Waren bei der Einfuhr Zollvergünstigungen einräumt. Momentan ist Venezuela darüber hinaus Empfänger der besonders attraktiven sogenannten APS+ - Präferenzen. Diese sind jedoch an die fristgerechte Ratifizierung und Implementierung einer in der APS-Verordnung festgelegten Liste von 27 internationalen Konventionen aus den Bereichen Menschenrechte und Arbeitnehmerrechte, Umwelt und verantwortungsvolle Staatsführung geknüpft. In dieser Liste ist auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption enthalten. Venezuela hatte die fristgerechte Ratifizierung dieser Konvention für das Jahr 2008 zugesagt und war auf dieser Basis und im Vertrauen darauf in die Liste der APS+ - Begünstigten auch für die Jahre 2009 - 2011 aufgenommen worden. Nun hat Venezuela entgegen seiner vorherigen Zusage besagte Konvention erst verspätet ratifiziert. In der Folge dieser Fristversäumnis sah sich die EU-Kommission mit Blick auf WTO-rechtliche Vorgaben gezwungen, die Aberkennung der APS+ - Präferenzen für Venezuela einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Ruprecht Polenz