Frage an Ruprecht Polenz von Bernhard B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter herr Polenz,
die Fragen von Herrn Müller und Ihre Stellungnahme, die nicht befriedigt, habe ich gelesen.
Warum muß das Selbstverteidigungsrecht Israels immer wieder betont werden? Es ist doch das Recht eines jeden, also auch das der Palestinenser. Wie dürften sich die Palestinenser nach Ihrer Meinung denn gegen das Unrecht, das ihnen seit Jahrzehnten angetan wird, in angemessener Weise verteidigen? Meine Fragen beziehen sich nicht auf den jetzigen Krieg. In denFragen liegen aber die Gründe für die dauernden Auseinandersetzungen.
Aufrechterhaltung der Besatzung seit 1967.
Tausende Hauszerstörungen und Landraub in Ostjerusalem und der Westbank für den Siedlungsbau, Straßenbau nur für Israelis und Bau der Sperranlgen. Hunderte Checkpoints in der Westbank, an denen Mütter Kinder gebären und Schwerkranken schnelle Hilfe versagt wird. Kein Wasser zum Duschen oder Toilettenspülung in Westbankdörfern, in der Siedlung nebenan satte Grünflächen und Planschbecken. Systematisches Verdrängen von Palestinensern aus Ostjerusalem und Verhindern von Familienzusammenführungen. Gezieltes Töten von Menschen (über 700 seit der letzten Intifada, über 200 davon Unbeteiligte) ohne Anklage, Gerichtsverhandlung oder Verteidigung. Einseitig zu Terroristen erklärt zu werden, reicht für die Hinrichtung aus ( von Jagdbombern oder Hubschraubern aus). Absperrung des Gazastreifens auch schon vor der Machtübernahme durch Hamas und Seeblockade auch für Fischer und internationale Boote.
Herr Polenz, wie können sich nach Ihrer Meinung Palestinenser dagegen angemessen wehren?
Raketenbeschuß auf Israel ist keine Lösung!
Hamas wurde demokratisch gewählt. Gewählt wurde sie, weil in jahrelangen Verhandlungen die Palestinenser nichts erreicht haben. Auch Israel sprach immer vom Frieden, schaffte durch Siedlungsbau, Bau von Infrastruktur für Siedler und Unterdrückung immer mehr Tatsachen, die ihn verhindern (nicht einmal die Forderung der USA, den Siedlungsbau zu beenden, wird befolgt).
MfG B. Böckmann
Sehr geehrter Herr Böckmann,
vielen Dank für Ihre Frage zum Konflikt zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen. Über den ausführlichen Standpunkt hinaus, mit dem ich auf die Fragen von Herrn Müller zu diesem Komplex geantwortet habe, möchte ich Folgendes ergänzen:
Ich bin seit langem der Meinung, dass die Palästinenser ihrem Ziel eines palästinensischen Staates viel näher wären bzw. ihn schon erreicht hätten, wenn sie auf Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele verzichtet und sich eher an der Protestform von Mahatma Gandhi orientiert hätten.
Man darf auch nicht übersehen, dass die Clinton-Vorschläge beziehungsweise das vorläufige Gesprächsergebnis von Taba seinerzeit von Arafat abgelehnt wurden, der diese Vorschläge nicht als Grundlage für weitere Verhandlungen akzeptieren wollte. Heute geben Palästinenserführer durchaus zu, dass das seinerzeit ein Fehler war.
Schlussendlich wird die Anwendung von Gewalt in diesem Konflikt nicht zum Ziel führen, sie erschwert es der Internationalen Gemeinschaft und dem Nahostquartett nur, eine Zweistaatenlösung zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Ruprecht Polenz