Frage an Ruprecht Polenz von Markus R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
"Diese sei aber nur denkbar, wenn Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines Palästinenserstaates fungieren könne. Mit dem fortgesetzten Siedlungsbau versuche Israel jedoch, Ost-Jerusalem von der Westbank abzuschneiden. Dabei übersehe Israel, dass weder die Palästinenser noch die arabischen Staaten einer Lösung ohne Ost-Jerusalem zustimmen würden, betonte Polenz."
Sehr geehrter Herr Polenz,
so wurden sie von RP Online am 20.7.09 zitiert. Sie haben dort Israel "in ungewöhnlich scharfer Form" aufgefordert, den Siedlungsbau zu stoppen.
Dazu habe ich mehrere Fragen:
1. Wieso sind sie der Meinung, dass sie sich in dieses Thema einmischen sollten? Ist das Wahlkampftaktik zum Stimmenfang?
2. Wieso kapitulieren sie so einfach vor den arabischen Forderungen nach Jerusalem? Wieso nehmen Sie nicht auch die israelischen Ansprüche an Jerusalem, die historisch viel stärker zu begründen sind als die der Palästinenser, ernst und wägen sie ab?
3. Wieso greifen sie nur Israel an? Ist dieser Konflikt nur Schuld einer Partei - nämlich Israels? Oder ist es einfacher, einen demokratischen Rechtsstaat zu kritisieren als evtl. Terrororganisationen?
Sollten Sie nicht in diesem Konflikt mittiger stehen?
Mit freundlichen Grüßen,
Markus Riedel
Sehr geehrter Herr Riedel,
vielen Dank für Ihre Frage vom 23. Juli zu meinem Interview mit der Rheinischen Post vom 20. Juli.
Mit den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im Nahen Osten und speziell dem israelisch-palästinensischen Konflikt beschäftige ich mich seit über dreißig Jahren. In meiner Eigenschaft als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, dem ich seit 1994 angehöre und dessen Vorsitzender ich seit 2005 bin, habe ich mich zu den diesbezüglichen Entwicklungen in den letzten Jahren immer wieder öffentlich geäußert. Mit "Wahlkampftaktik" oder "Stimmenfang" haben diese Äußerungen überhaupt nichts zu tun.
Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass das unverrückbare Ziel einer Zweistaatenlösung zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes und der dazu notwendige Stopp jeglicher israelischer Siedlungstätigkeit nicht nur meine persönliche Meinung, sondern auch breiter, überparteilicher Konsens im Deutschen Bundestag sowie Politik der deutschen Bundesregierung, der Europäischen Union, der US-Regierung und der Vereinten Nationen ist.
Israel kann nur in den Grenzen von 1967 ein demokratischer, jüdischer Staat bleiben, da sich bei einer weiteren Einverleibung der Westbank die demographischen Verhältnisse zu Gunsten der palästinensischen Bevölkerung verschieben und damit der gewollte jüdische Charakter Israels nicht mehr beibehalten werden kann.
Ich habe meine Äußerungen in der Rheinischen Post ausdrücklich als Freund Israels getätigt, der sich um die Sicherheit und den Fortbestand des israelischen Staates sorgt.
Wenn Sie an meiner umfassenden, beide Parteien umfassenden Position zum Nahostkonflikt interessiert sind, können Sie diese meiner Bundestagsrede vom 5. März 2009 zum Annapolisprozess entnehmen. Sie finden die Rede auf meiner Homepage unter
http://www.ruprecht-polenz.de/index.php?ka=1&ska=1&suche=nahost&idn=702.
Mit freundlichen Grüßen
Ruprecht Polenz