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Ruprecht Polenz
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Frage von Marco S. •

Frage an Ruprecht Polenz von Marco S. bezüglich Innere Sicherheit

Deutschland verteidigt seine Freiheit am Hindukush als Verbündeter der USA. Grundlage ist die Wertung der Anschläge des 11.09.2001 als Nato-Verteidigungsfall.
15 der 19 vermutlichen Attentäter kamen aus Saudi-Arabien, 2 Attentäter studierten in Deutschland und mindestens einer erhielt seine Fluglizenz in Florida. Wir bombardieren Afghanistan weil sich dort bin Laden aufhielt. Laut FBI-Chef Mueller ist die Identität der Attentäter vom 11.09. nie nachgewiesen worden, nicht einmal, dass sie überhaupt an Board waren.
Wieso beteiligt sich ein Rechtsstaat (? Deutschland?) am Strafvollzug eines Beschuldigten, dessen Schuld überhaupt nicht bewiesen ist?

Die Schaffung einer stabilen Sicherheitslage in A. wird als primärer Präsensgrund genannt. Warum wurden vorher die vorhandenen gesellschaftlichen und politischen Strukturen aufgelöst, nachfolgend Gespräche mir lokalen Entscheidungsträgern verweigert und eine wurzellose Regierung installiert, deren Einfluss sich darin erschöpft, ein von den Amerikanern gewünschtes pipeline-project zu bewilligen?

Für wie bedrohlich halten sie die Gefahr von, aus Afghanistan gesteuerten, Terrors in Deutschland? Bisherige Anschlagsversuche in D. wurden dem Vernehmen nach von deutschen Konvertiten durchgeführt. Diese sehen ihren Motivationsgrund gerade in der Kriegsbeteiligung Deutschlands. Auch die verschärften Maßnahmen zur Terrorbekämpfung in D. werden dadurch begründet. Somit wird offen zugegeben, dass die Terrorgefahr durch die Kriegsbeteiligung steigt. Obwohl das Gegenteil der eigentlichen Zielsetzung erreicht wird, wird trotzdem weitergemacht. Wie ist das zu erklären?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Frage zum deutschen Engagement in Afghanistan.

Vor dem Eingreifen der internationalen Gemeinschaft bestand in Afghanistan eine durch die Taliban errichtete Schreckensherrschaft, in der auch fundamentalste Menschenrechte missachtet wurden. Darüber hinaus war Afghanistan ein Rückzugsraum und Trainingsgebiet für Extremisten, die mit Ihrer Gewalt alle liberalen Gesellschaften bedrohten. Aufgrund der weitreichenden Verquickung zwischen der Taliban-Regierung und Al-Qaida wurde den USA in der Folge der Anschläge vom 11. September 2001 vom UN-Sicherheitsrat das Recht auf Selbstverteidigung zuerkannt. Der folgende Einsatz amerikanisch geführter Streitkräfte in Afghanistan hatte den Sturz der Taliban zur Folge. Seither engagieren sich verschiedene Nationen im Land in dem Bestreben, den Terrorismus zurückzudrängen sowie rechtsstaatliche Strukturen und leistungsfähige Sicherheitsorgane für den Wiederaufbau zu etablieren.

Das übergreifende Ziel des Einsatzes ist es, die afghanischen Behörden in die Lage zu versetzen, selbst für Sicherheit und Stabilität in ihrem Land zu sorgen, und nicht, wie Sie annehmen, die Strafverfolgung eines Beschuldigten.

Die Stabilisierung der Sicherheitslage steht in unmittelbarem Interesse der deutschen Sicherheitspolitik, da auch die Bundesrepublik vom internationalen Terrorismus bedroht ist, wie aktuelle Beispiele immer wieder zeigen.

Es ist richtig, dass auch im Internet kursierende Videodrohungen an Deutschland mit dem deutschen Engagement in Afghanistan begründet wurden. In meinen Augen ist es jedoch ein absoluter Trugschluss, dass es Deutschlands Sicherheit dienlich wäre, sich aus Afghanistan zurückzuziehen und damit den Extremisten, die den Tod tausender Unschuldiger bewusst in Kauf nehmen, wieder einen Agitationsraum zu gewähren. Ihre Einschätzung, dass die Terrorgefahr in Deutschland aufgrund des Engagements in Afghanistan steigt, teile ich deshalb nicht. Das Umgekehrte ist richtig: Wir müssen den Terror in Afghanistan bekämpfen, damit der nicht zu uns nach Deutschland kommt.

Was Ihre Frage nach der afghanischen Regierung angeht möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass diese vom afghanischen Volk erstmalig frei gewählt wurde. Da die Mehrheit der Afghanen der jetzigen Regierung bei der letzten Wahl ihre Stimme gegeben hat, ist die Frage der Legitimation eindeutig beantwortet. Nach jahrhundertelangem Vorherrschen undemokratischer Regierungsformen in Afghanistan ist das Auftreten gewisser Startschwierigkeiten zwar nicht wünschenswert, aber dennoch nachvollziehbar, da bisherige Machthaber ungern freiwillig ihren Einfluss aufgeben. Die internationale Gemeinschaft unterstützt die afghanische Regierung daher nach Kräften bei der Durchsetzung ihrer Aufgaben.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Ruprecht Polenz