Frage an Ruprecht Polenz von Martin B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Polenz,
die Frage von Herrn Wrobel vom 06.05.2009 bezüglich der Internetsperren war eher grundsätzlicher Art. Lassen Sie mal die Kinderpornographie beiseite, das ist eine Straftat. Das muß m. M. nach anders bekämpft werden als durch Sperren im Internet. Die Frage ist doch: Darf ein Minister Vorrichtungen veranlassen, um gewisse Inhalte des Internets zu sperren. Und alles irgendwie im Geheimen ohne Rechtsaufsicht. Wer bestimmt dann eigentlich, was nicht genehme Inhalte sind?
Meine Frage ist: Wie bekommen Sie dies eigentlich mit dem Grundwert aus der Verfassung "Eine Zensur findet nicht statt" in Einklang?
Sehr geehrter Herr Brinkmann,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachfrage zum Thema Internetsperren vom 12. Mai 2009.
Sie zitieren den Grundwert der Verfassung "Eine Zensur findet nicht statt". Dieser steht im Artikel 5 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Der vollständige Artikel lautet wie folgt:
Artikel 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Absatz 1 und 2 gemeinsam ergeben eindeutig, dass die Rede- und Pressefreiheit durchaus Schranken unterworfen sind, und zwar dort, wo u.a. allgemeine Gesetze verletzt werden. Dies gilt zum Beispiel aus guten Gründen für die Verbreitung rechtsradikalen Gedankenguts.
Die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornographie ist strafbar. Auch wenn sie natürlich auch anders bekämpft werden muss, ist auch eine Behinderung ihrer Verbreitung im Internet zulässig - ich denke darüber hinaus: erforderlich.
An der öffentlichen Diskussion über den Umgang mit rechtswidrigen Internetseiten oder den Umgang mit elektronischer Kommunikation zur Vorbereitung von Straftaten, darunter der Vorbereitung von Terroranschlägen, sehen Sie, dass entsprechende Regelungen und Gesetze mitnichten im Geheimen entstehen. Genau wie es möglich ist, im begründeten Verdacht Wohnungen und Telefone zu observieren, muss es auch möglich sein, entsprechende Maßnahmen im Internet und Mailverkehr durchzuführen. Ich wiederhole meinen Satz aus der Antwort an Herrn Wrobel: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum - das kann unsere Gesellschaft auch nicht wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Ruprecht Polenz