Frage an Rüdiger Kruse von Klaus-Peter S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Kruse,
die bizarren endlos scheinenden Verhandlungen mit Tsipras und Kollegen sind endlich ergebnislos abgebrochen und komplett gescheitert! Was nun? Kommt der Schuldenschnitt früher oder später durch die Hintertür doch für Griechenland? Ich vermute, dass der Schuldenschnitt lediglich einen anderen Namen bekommt? In der Hoffnung, dass insbesondere die Bürger in Deutschland das möglichst nicht merken sollen ? Wir tragen schließlich europaweit das größte finanzielle Haftungsrisiko ? Teilen Sie meine diesbezüglichen Befürchtungen ? Sind Sie von der Entwicklung überrascht worden? Ich jedenfalls nicht!
Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Steinberg
Sehr geehrter Herr Steinberg,
vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zu der aktuellen Situation in Bezug auf die Hilfen, die Griechenland von seinen Gläubigern erhält.
Da es sich um einen recht dynamischen Prozess handelt, gebe ich im folgenden den aktuellen Stand der Debatte wieder. Dieser kann sich täglich ändern.
Allen Befürchtungen, Frohlockungen und Untergangs-Prognosen zum Trotz, ist abermals ein tragfähiger Kompromiss erzielt worden. Die Eurozone ist nicht gescheitert. Die 19 Euro-Staaten haben sich auf einem Sondergipfel am 12. Juli 2015 auf ein drittes Hilfspaket für Griechenland geeinigt. Dieses wird wohl eine Laufzeit von drei Jahren haben. Das exakte Volumen steht noch nicht fest. Im Gegenzug für das Programm wird das Land weitere Reformen durchführen, welche zügig umgesetzt werden müssen. Damit sollen die Ursachen der schlechten wirtschaftlichen Situation in Griechenland bekämpft werden. An der grundsätzlichen Position, die Deutschland seit Beginn der Griechenlandhilfen eingenommen hatte, hat sich nichts geändert. Wir haben stets klar gemacht: Wenn Griechenland keine weiteren Hilfen in Anspruch nehmen möchte, steht den Griechen diese Entscheidung frei. Will das Land weiterhin Unterstützung in Anspruch nehmen, werden diese an Bedingungen geknüpft sein. An diesen Grundsatz haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble stets gehalten. Das Ergebnis des Sondergipfels zeigt, dass sich Verlässlichkeit auszahlt. Griechenland scheint sich, nach einigen possenhaften Aktionen, für einen rationalen Weg entschieden zu haben.
Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone oder ein Schuldenschnitt für das Land konnte abgewendet werden. Die Vorteile der Einigung, die auf dem Gipfel erzielt wurde, überwiegen die Nachteile. Am 17. Juli 2015 wird es im Deutschen Bundestag eine Abstimmung darüber geben, ob der deutsche Vertreter im ESM, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, konkrete Verhandlungen für ein Hilfsprogramm aufnehmen darf. Ich rechne damit, dass der Antrag eine Mehrheit der Abgeordneten finden wird. Liegen die Ergebnisse der Verhandlungen vor, muss der Bundestag erneut seine Zustimmung erteilen, damit die Regelungen in Kraft treten können.
Beste Grüße
Rüdiger Kruse