Frage an Rüdiger Kruse von Michael G. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Kruse,
ich betreibe in meiner Wohnung 2 offene WLAN, die als Teil des Hamburger Freifunk Netzes erreichbar sind. In diesem Zusammenhang möchte ich sie sehr dringlich bitten, die Stellungnahme des Fördervereins Freie Netze (zu finden unter http://freifunkstattangst.de/files/2015/03/Stellungnahme_tmg_stoererhaftung_12315.pdf) zum aktuellen Gesetzesentwurf des BMWi bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen.
In diesem Zusammenhang interessiert mich, wie sie persönlich zur Störerhaftung stehen, ob sie sie befürworten oder abschaffen wollen und wie ihre Position zur Förderung von freien Netzen ist.
Schließlich wüßte ich gern ob sie glauben, das neue Gesetz wie vom BMWi vorgeschlagen, werde freie Netze befördern.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Gerdau
Sehr geehrter Herr Gerdau,
vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zu dem Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (Zweites Telemedienänderungsgesetz) und speziell zur so genannten Störerhaftung.
Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD bezüglich des freien Internetzugangs im Dezember 2013 folgendes vereinbart: „Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist. Wir werden die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung dieser offenen Netze und deren Anbieter schaffen. Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ist dringend geboten, etwa durch Klarstellung der Haftungsregelungen“ (Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, S.35). Aufgrund dieser Vereinbarung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie am 11. März 2015 einen ersten Referentenentwurf für eine Änderung des oben genannten Gesetzes vorgelegt. Ziel der Gesetzesänderung soll sein, dass im öffentlichen Raum mehr kostenloses WLAN bereitgestellt wird. Hier liegt Deutschland weit hinter seinem Potential. Auch im Vergleich zu anderen Staaten nimmt unser Land keine Spitzenposition in diesem Bereich ein.
Eine grundsätzliche Frage stellt sich bei der von Ihnen angesprochenen Störerhaftung. Diese bedeutet, dass natürliche oder juristische Personen, die ein WLAN zur Verfügung stellen, in Haftung genommen werden können, wenn Dritte das bereitgestellte Netz nutzen, um Straftaten oder Urheberrechtsverletzungen zu begehen.
Der vorliegende Entwurf unterscheidet zwischen gewerblichen Anbietern, beispielsweise Geschäften, Cafés, etc. und Privatpersonen auf der anderen Seite. Bei gewerblichen Anbietern soll es dem Gesetzesentwurf nach in Zukunft ausreichen, wenn bei der Bereitstellung der Hinweis gegeben wird, dass geltendes Recht eingehalten werden muss. Dazu muss der Nutzer eine Einwilligung geben, keine Straftaten oder Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Die Art der Einwilligung lässt der Entwurf offen. Ähnliches gilt für Privatpersonen, die ihr Netz zur Verfügung stellen. Auch diese müssen sich bestätigen lassen, dass der Nutzer keine Rechtsverletzung begeht. Zusätzlich wird gefordert, dass der Bereitsteller den Namen des Nutzers kennt. Der Name des Nutzers muss dabei weder protokolliert noch anderweitig registriert werden. Die Unterscheidung zwischen gewerblichen und privaten Bereitstellern wird gemacht, weil man der Ansicht ist, dass es im privaten Rahmen eher zu Straftaten oder Urheberrechtsverletzungen kommt als im öffentlichen Raum.
Wird das Gesetz in der Form verabschiedet, wie es der Entwurf vorsieht, wird es m. E. zu mehr öffentlichen WLAN-Netzen führen. Das ist positiv, das ist die ursprüngliche Zielsetzung des Entwurfes. Dieser Impuls wird hauptsächlich von den gewerblichen Anbietern ausgehen. Für Privatpersonen bietet der derzeitige Entwurf meiner Einschätzung nach keine praxisnahe Lösung. In der Frage der Störerhaftung würde ich für ein mehr an Freiheit appellieren. Wir sollten für Privatpersonen eine ähnliche Regelung schaffen, wie für gewerbliche Anbieter. Sollte sich dann herausstellen, dass es dabei zu einem massiven Missbrauch kommt, können wir das Gesetz in diesem spezifischen Punkte anpassen. Allerdings verweise ich auf den sehr frühen Status des Gesetzesentwurfs. Referentenentwürfe werden in der Regel im parlamentarischen Verfahren durch den Deutschen Bundestag geändert. Meine Abgeordneten-Kollegen in dem zuständigen Fachausschuss werden sich eingehend damit befassen, sich Stellungnahmen anhören und anschließend eine Empfehlung geben, ob sie den Entwurf für zustimmungswürdig halten.
Beste Grüße
Rüdiger Kruse