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Rüdiger Kruse
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Frage von Klaus-Peter S. •

Frage an Rüdiger Kruse von Klaus-Peter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kruse,

die konkreten Zahlen sprechen für sich. Deutschland und seine Steuerzahler werden immer ausgeprägter zum Sozialamt ganz Europas !Es ist ganz genau eingetreten, wo vor Experten und Bürger schon vor Jahren aufgrund verfehlter
EU-Politik gewarnt hatten! Zu den Fakten und meinen Fragen: Die Zahl der HartzIV-Bezieher aus Rumänien und Bulgarien ist in dieser ersten Jahreshälfte
nochmals um weitere 40,7 Prozent gestiegen!" 63695 Stütze-Empfänger aus den beiden neuen osteuropäischen EU-Staaten!Im Vergleich zum selbigen Vorjahreszeitraum zum Juni 2013 beträgt das Plus sogar 72 Prozent! (Quelle:BILD Ausgabe 15.Okt.2014/Seite 2,unten).
Denken Sie, dass diese Folgen verkehrter Verhandlungen in unserer Bevölkerung eine positive Resonanz findet, oder auf Ablehnung stößt? Wird das vereinigte Europa so mehr Zustimmung in unserer Bevölkerung finden? Findet also doch die von den "etablierten Parteien" immer vehement bestrittene Armutszuwanderung in unsere Sozialversorgungssysteme statt? Bedenken wurden immer seitens der Politiker mit dem unsachlichen Totschlagsargument Fremdenfeindlichkeit bedacht! War das angemessen um zu versuchen, kritische Bürger mundtot zu machen?Die CDU sprach immer vollmundig von fast ausschließlich zu uns strömenden super ausgebildeten und hoch intelligenten Akademikern! Also Arbeitskräfte auf die unser Arbeitsmarkt schon so lange händeringend wartet!
War es richtig, so die angeblichen "Bedenkenträger" der Lächerlichkeit preisgeben zu wollen und bösartig Fremdenfeindlichkeit zu unterstellen (Stichwort: Stammtischgelaber)?War diese arrogante Vorgehensweise angemessen? War die Prognose auch Ihrer Partei eine Fehleinschätzung die uns jetzt einholt? Was genau will die CDU nun konkret gegen diesen Missstand angesichts unser gewaltig wackelnden Konjunktur unternehmen? Gibt es Nachverhandlungen mit der EU, oder soll es so weiter laufen? Sollen wir Bürger die Zeche ungefragt und ungewollt weiter zahlen?

Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Steinberg

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Steinberg,

vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zu der Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren nach Deutschland.

Von der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union (EU), die jedem Bürger unter bestimmten Bedingungen die Einreise und den Aufenthalt in allen Mitgliedsstaaten gestattet, hat Deutschland in erheblichem Maße profitiert. Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands hängt auch von den zahlreichen Zuwanderern aus EU-Staaten ab, die hier leben und arbeiten. Sie tragen zu unserem volkswirtschaftlichen Wohlergehen bei. Der absolut überwiegende Teil der Zuwanderer fällt unter diese Kategorie.

Seit dem 01. Januar 2014 gilt für die Staaten Bulgarien und Rumänien, die seit 2007 EU-Mitglieder sind, die volle Freizügigkeit. In Zuge dessen kam es zu einer Erhöhung der Zuwanderung aus diesen beiden Ländern. Der überwiegende Teil dieser Personen geht in Deutschland einer Beschäftigung nach. Die Zahl der Bulgaren und Rumänen, die in Deutschland einen Arbeitsplatz haben, stieg von 137.000 im Dezember 2013 auf 240.000 im Mai 2014. Rund 64.000 bulgarische und rumänische Staatsbürger beziehen aktuell Hartz-IV. Die Gesamtzahl aller Hartz-IV-Empfänger, also von ALG II und Sozialgeld, lag im Jahresdurchschnitt 2014 bei rund 6,1 Millionen Personen. Etwas mehr als ein Prozent aller Hartz-IV-Bezieher sind somit Rumänen und Bulgaren. Diese Zahl ist nicht hoch.

Die Rechtslage ist recht einfach: Die Freizügigkeit der EU sieht vor, dass die Einreise und der Aufenthalt eines Unionsbürgers in einen anderen EU-Staat keinen Bedingungen unterliegen. Dies gilt, wenn die Dauer des Aufenthaltes drei Monate nicht übersteigt. Möchte ein ausländischer EU-Bürger länger als drei Monate in Deutschland bleiben, muss er in der Lage sein, sich und etwaige Familienangehörige wirtschaftlich zu versorgen. Arbeitssuchende müssen sich ernsthaft um eine Anstellung bemühen, wenn sie sich längerfristig in Deutschland niederlassen möchten. In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine sehr kleine Gruppe von Zuwanderern existiert, die nach Deutschland kommt und ihren Lebensunterhalt nicht durch eine Erwerbstätigkeit bestreiten möchte. Stattdessen setzen diese Personen alleine auf Unterstützung durch staatliche Transferleistungen. Dieses Verhalten ist klar als Missbrauch der Freizügigkeit zu werten und nicht zu tolerieren. Dem Missbrauch von Sozialleistungen muss ein Riegel vorgeschoben werden. Deutsche Sozialleistungen können nicht das Wohlstandsgefälle innerhalb der EU lösen.

Ihrer Behauptung, dass vor allem die CDU das Problem des Missbrauchs bei Sozialleistungen durch bestimme EU-Bürger geleugnet und ignoriert habe, muss ich widersprechen. Wäre diese Einschätzung zutreffend, hätten wir dieses Thema sicherlich nicht in den Fokus gerückt. Bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, der im Dezember 2013 unterzeichnet wurde, hat die Unionsseite den folgenden Passus verankert: „Wir werden ... der ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch EU-Bürger entgegenwirken. [...] Die Armutswanderung führt in einzelnen großstädtisch geprägten Kommunen zu erheblichen sozialen Problemlagen bei der Integration, Existenzsicherung, Unterbringung und Gesundheitsversorgung“ (Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, Seite 76). Darauf aufbauend hat die CDU-geführte Bundesregierung am 08. Januar 2014 einen Ausschuss gebildet. Dieser erhielt den Auftrag, eine Bestandsaufnahme zur Armutszuwanderung anzufertigen und daraus resultierende Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Mitglieder des Ausschusses waren Staatssekretäre aus elf Bundesministerien, ein Vertreter des Bundespresseamtes und die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Diese prominente Besetzung zeigt, wie wichtig dieses Thema für die Bundesregierung bereits im Jahr 2013 war. Nach einem Zwischenbericht, der am 26. März 2014 veröffentlicht wurde, hat der Ausschuss am 27. August 2014 seinen Abschlussbericht vorgelegt. Dieser trägt den etwas sperrigen Titel „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedsstaaten“. Sie finden den kompletten Bericht auf den Seiten des Bundesinnenministeriums unter diesem Link: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2014/abschlussbericht-armutsmigration.pdf;jsessionid=F329E81CC610DDFE544BE5A96ECE7222.2_cid373?__blob=publicationFile
Der Bericht empfiehlt, gegen den Missbrauch bei Sozialleistungen auf verschiedenen Feldern vorzugehen, ihn wirkungsvoller zu bekämpfen und strenger zu ahnden. So ist geplant, befristete Wiedereinreisesperren nach Deutschland zu verhängen, wenn sich Personen Sozialleistungen erschlichen haben, die ihnen eigentlich nicht zustehen. Die Familienkassen sollen Kindergeld in der Zukunft nur noch unter der Angabe der steuerlichen Identifikationsnummer zahlen. Durch interne Datenabgleiche soll verhindert werden, dass sich Personen mehrfach Kindergeld für ein Kind erschleichen. Zudem unterstützt der Bund überforderte Kommunen, indem er in Zukunft verschiedene Kosten übernehmen wird. Die entsprechenden Gesetze befinden sich derzeit in der Ausarbeitung und Beratung. Mit diesem Maßnahmenpaket werden wir Missbrauch erschweren und die Situation für betroffene Kommunen entspannen.

Dies kann aber nur eine Bekämpfung der Symptome sein. Die Ursachen liegen m. E. tiefer. Grundsätzlich erfolgten die Beitritte Rumäniens und Bulgariens zur EU zu früh. Wir hätten vor den Beitritten wirksame Maßnahmen einfordern sollen, um die wirtschaftlichen und sozialen Standards in diesen Staaten zu verbessern und den Leuten dort Perspektiven zu geben. Dies erfolgte nicht. Dieser Fehler ist nun nicht mehr rückgängig zu machen. Bei künftigen Beitritten muss dies aber berücksichtigt werden. Wichtig ist nun, dass die Probleme, denen viele Rumänen und Bulgaren in ihrer Heimat ausgesetzt sind, dort gelöst werden. In beiden Ländern sind die wirtschaftlichen Perspektiven nicht gut. Bestimmte ethnische Gruppen werden offen diskriminiert. Das können wir nicht akzeptieren. Die Bundesregierung muss politischen Druck auf die dortigen Regierungen ausüben, damit bestimmte Personengruppen dort nicht mehr wie Bürger zweiter Klasse behandelt werden. Aktuell leistet die EU Unterstützung, um die wirtschaftliche Situation in diesen und anderen EU-Staaten zu verbessern. Auch dies ist ein wichtiger Schritt, um die Standards in diesen Ländern zu verbessern.

Wir müssen uns allerdings bewusst sein, dass Deutschlands wirtschaftliche und soziale Attraktivität weiterhin seinen Reiz auf Zuwanderer ausüben wird. Das ist auch gut so, denn wir sind auf Zuwanderung angewiesen. Den damit einhergehenden Missbrauch müssen wir so gering wie möglich halten.

Beste Grüße
Rüdiger Kruse