Frage an Rüdiger Kruse von Andreas K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Kruse,
wie ich der Süddeutschen Zeitung entnehmen konnte ( http://www.sueddeutsche.de/digital/auslandsgeheimdienst-bnd-will-soziale-netzwerke-live-ausforschen-1.1979677 ) plant der BND eine Erweiterung der Überwachungsmaßnahmen im Internet und beantragt dafür 300 Millionen Euro. Hierüber wird demnächst im Bundestag entschieden.
Meine Frage an Sie: wie stehen Sie zu dem Vorhaben des BND und wie werden Sie abstimmen?
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Kollmorgen
Sehr geehrter Herr Kollmorgen,
vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zu Medienberichten über die finanzielle Ausstattung des Bundesnachrichtendienstes (BND) und den Maßnahmen, die durch den Dienst durchgeführt werden.
Die Behauptung des von Ihnen zitierten Artikels, dass im Deutschen Bundestag über die Bewilligung des genannten 300-Millionen-Euro-Projekts entschieden werde, ist zumindest nicht ganz korrekt. In der Regel werden die einzelnen Etats des Bundeshaushalts im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages beraten und beschlossen. Diese Beratungen enden für den Bundeshaushalt 2014 am 05. Juni 2014. Zwei Wochen später, Ende Juni/Anfang Juli 2014, wird der gesamte Bundeshaushalt dem Plenum des Parlaments zur Abstimmung vorgelegt. Die Etats der drei deutschen Nachrichtendienste (des BND, des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und des Militärischen Abschirmdienstes (MAD)) werden aus Gründen der Geheimhaltung nicht im Haushaltsausschuss beraten. Auch werden, im Gegensatz zu den anderen Etats des Bundeshaushalts, keine detailliert aufgeschlüsselten Ausgabeposten von BND, BfV und MAD veröffentlicht. Nur der Gesamtbetrag, der dem jeweiligen Dienst zur Verfügung steht, wird publiziert. Diese Art der Veröffentlichung ist der Geheimhaltung geschuldet. Aus dem Gesamtbetrag sind keine Rückschlüsse auf einzelne Maßnahmen und Operationen des BND abzuleiten. Aus einer aufgeschlüsselten Veröffentlichung könnten ausländische Nachrichtendienste schlussfolgern, wie die Arbeits- und Funktionsweise des BND organisiert ist. Dies ist nicht erwünscht, da der BND in Teilen verdeckt operieren muss. Der Etat des BND, der beim Bundeskanzleramt angesiedelt ist, betrug im Jahr 2013 531 Millionen Euro. Diese Summe machte ca. 0,17% des gesamten Bundeshaushaltes aus. Diese Zahl können Sie dem Bundeshaushaltsplan 2013 entnehmen. Der Regierungsentwurf des Bundeshaushalts für 2014 sieht rund 548 Millionen Euro für den BND vor. Der Entwurf muss noch durch das Parlament beraten und verabschiedet werden.
Statt des Haushaltsausschusses ist das so genannte Vertrauensgremium für die Etats der Nachrichtendienste zuständig. Dieses Gremium wird nach § 10a der Bundeshaushaltsordnung eingerichtet. Dort heißt es, dass aus Gründen des Geheimschutzes in Ausnahmefällen Haushalte durch ein Gremium von Mitgliedern des Haushaltsausschusses gebilligt werden können. Das Vertrauensgremium wird für eine Legislaturperiode vom Deutschen Bundestag gewählt. Derzeit umfasst es neun Mitglieder, unter anderem meine Person. Dort beraten und beschließen wir Angelegenheiten, die als geheimhaltungsbedürftig eingestuft sind. Nach unseren Beratungen geben wir dem Haushaltsausschuss eine Empfehlung ab, ob wir die Etats der Nachrichtendienste für zustimmungswürdig halten. Per Gesetz sind meine Kollegen und ich, die dem Gremium angehören, zur Geheimhaltung verpflichtet. Dies betrifft Informationen, die wir im Rahmen unserer Mitgliedschaft im Vertrauensgremium erhalten. Daher bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich zu dem konkreten beschriebenen Fall nicht öffentlich Stellung nehmen kann und den Bericht daher weder bestätigen, noch dementieren möchte. Er wird auch so, wie in dem zitierten Artikel, gar nicht zur Abstimmung gestellt werden. Denn über den Bundeshaushalt, der die gesamten Etats der Nachrichtendienste enthält, wird stets „en bloc“ abgestimmt. Dem Bundeshaushalt 2014 werde ich, wenn er Ende Juni 2014 im Deutschen Bundestag zur Abstimmung steht, aller Voraussicht nach zustimmen.
Grundsätzlich möchte ich aber festhalten, dass eine Kontrolle der Nachrichtendienste notwendig ist. Bei seinen Maßnahmen muss sich der BND an deutsche Gesetze halten. Die Gewährleistung, dass dies eingehalten wird, obliegt dem Deutschen Bundestag und hier primär dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG). Das PKG überwacht die Arbeit der Nachrichtendienste. Im „Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz – PKGrG)“ heißt es in §5: „Die Bundesregierung unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium umfassend über die allgemeine Tätigkeit der in § 1 Absatz 1 genannten Behörden [BND, MAD und BfV] und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. Auf Verlangen des Parlamentarischen Kontrollgremiums hat die Bundesregierung auch über sonstige Vorgänge zu berichten.“ Dabei hat das PKG das Recht auf volle Akteneinsicht in die Unterlagen von BND, MAD und BfV und kann Mitarbeiter der Behörden oder der Bundesregierung befragen. Neben dem PKG existiert im Deutschen Bundestag zudem die so genannte G 10-Kommission. Diese entscheidet, ob die drei Nachrichtendienste das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis im Einzelfall brechen dürfen. Will einer der Dienste z.B. ein Telefon überwachen, muss die Kommission, nach vorheriger Genehmigung durch das Bundesinnenministerium, dieser Maßnahme zustimmen. Diese mehrfachen Sicherungssysteme sollen sicherstellen, dass die Dienste kein „Eigenleben“ entwickeln und einer wirksamen parlamentarischen Kontrolle unterliegen.
Die Gratwanderung zwischen Nachrichtendiensten - die möglichst geheim arbeiten möchten - und einer wirksamen parlamentarischen Kontrolle, ist häufig recht schmal. Dass sich die Nachrichtendienste an deutsche Gesetzte halten müssen, ist dabei unumstößlich. Für die Einhaltung sind die verschiedenen beschrieben Gremien des Deutschen Bundestags verantwortlich. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass die Dienste über eine ausreichende Finanzierung verfügen, um die Sicherheit der Bürger in Deutschland gewährleisten zu können. Dazu gehören auch neueste technische Möglichkeiten, sofern sie gesetzeskonform eingesetzt werden.
Beste Grüße
Rüdiger Kruse