Frage an Rüdiger Kruse von Andreas S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Kruse,
Ihre Partei, die CDU, formulierte in einem Flugblatt zur Europawahl 1999 wörtlich:
"Muss Deutschland für die Schulden anderer Länder aufkommen? Ein ganz klares Nein! Der Maastrichter Vertrag verbietet ausdrücklich, dass die Europäische Union oder die anderen EU-Partner für die Schulden eines Mitgliedsstaates haften."
Mittlerweile haftet Deutschland mit über 650 Milliarden Euro (das sind über 118 mal die Gesamtkosten, die für das Milliardenprojekt Stuttgart 21 veranschlagt sind) für die südeuropäischen Krisenstaaten.
Minister Schäuble möchte nun ein weiteres Rettungspaket für Griechenland schnüren.
Das erfüllt mich mit großer Sorge angesichts der Tatsache, dass Deutschland selbst mit mittlerweile über 2.130.974.650.000 € hoch verschuldet ist.
Dazu meine Fragen:
1.) Verstehe ich das Flugblatt richtig, wenn ich feststelle, dass die gegenwärtige Politik der Bundesregierung einen permanenten Bruch europäischen Rechtes darstellt? Falls nein, wie sollte ich das Flugblatt dann verstehen?
2.) Können Sie mir zusichern, dass Sie als Abgeordneter des Bundestages keinen weiteren Milliardenzahlungen an Griechenland zustimmen werden?
Wer wird uns einmal helfen, unsere Schulden abzutragen?
Was werden unsere Kinder und Enkel sagen, wenn wir eine solche Politik endloser "Rettungsschirme" weitertreiben?
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Schönberger
Sehr geehrter Herr Schönberger,
vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zu den Stabilisierungsmaßnahmen im Euroraum und besagtem CDU-Flugblatt.
Auf dem Flugblatt von 1999 lese ich: „Mit den Stabilitätskriterien des Vertrages und dem Stabilitätspakt wird von vornherein sichergestellt, dass die Nettoneuverschuldung auf unter 3% des Bruttoinlandsprodukts begrenzt wird.“
Die Stabilitätskriterien wurden aber nicht eingehalten, sondern aufgeweicht, allen voran von Deutschland unter der damaligen rot-grünen Koalition. Griechenland hat die Defizitkriterien auch nicht erfüllt. Die Haushaltszahlen hat es mithilfe halsbrecherischer Zahlenakrobatik noch vor der Aufnahme in die Eurozone schöngerechnet. Der Aufnahme hat 2000 die rot-grüne Koalition zugestimmt, die CDU/CSU-Fraktion war dagegen.
In der Vertrauenskrise im Euroraum war es notwendig, zu handeln und unsere Partner in der Währungsunion nicht im Stich zu lassen. Wir haben solidarisch gehandelt und dafür Solidität in Form von Reformen eingefordert und durchgesetzt. Die Instrumente, die wir dafür gemeinsam mit anderen Ländern im Euroraum gewählt haben, sind nicht im Widerspruch zu den europäischen Verträgen. Näher habe ich es in meiner Antwort auf die Frage von Herrn Andersen erläutert, die auf dieser Seite unter dem Thema Finanzen zu finden ist (im Dialogfenster rechts oben).
Die Staatsverschuldung in Deutschland beträgt zur Zeit mehr als 80% des Bruttoinlandsprodukts. Die genaue Zahl haben Sie genannt. Der Schuldenstand muss zurückgeführt werden, damit die nächsten Generationen einen Handlungsspielraum haben. Deswegen haben wir in den letzen Jahren den Bundeshaushalt konsolidiert. Gute wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und kluge Haushaltspolitik haben es ermöglicht, dass wir die Vorgaben der Schuldenbremse bereits 2012 eingehalten haben. Das ist vier Jahre früher, als vom Grundgesetz vorgesehen. Die CDU-geführte Bundesregierung hat für die Zukunft solide Grundlagen geschaffen: 2014 kann zum ersten Mal seit 40 Jahren ein strukturell ausgeglichener Haushalt beschlossen werden. Ein Jahr später wird der Bund ohne neue Schulden auskommen und so 2016 mit der Schuldentilgung beginnen können.
Beste Grüße
Rüdiger Kruse
Das im Text erwähnte Flugblatt habe ich unter folgender Adresse abgerufen:
http://politropolis.wordpress.com/2012/08/11/muss-deutschland-fur-die-schulden-anderer-lander-aufkommen-die-cdu-1999-ein-ganz-klares-nein/