Frage an Rüdiger Kruse von Benjamin K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Kruse,
Ich habe sechs Jahre lang täglich etwa 20 Zigaretten geraucht.
Zweimal habe ich versucht aufzuhören. Einmal klappte es 2 Monate, das andere Mal 4 Monate. Danach fing ich wieder an.
Vor etwa acht Monaten habe ich die elektrische Zigarette ausprobiert und habe seitdem keine einzige Zigarette mehr geraucht und habe auch nicht das Verlangen danach. Seitdem geht es mir gesundheitlich besser. Ich bin fitter, schlafe besser.
Es gibt mittlerweile viele Studien, welche sich mit dem Risiko der E-Zigarette beschäftigen. Alle neueren Studien kommen zu dem selben Schluss: Dass die E-Zigarette deutlich weniger schädlich ist als der Konsum einer Tabakzigarette. Dies gilt für den aktiven Nutzer ebenso wie für Menschen, welche den Dampf passiv einatmen. Der Dampf enthält keine krebserregenden Stoffe, es entsteht kein Kondensat.
Eigentlich sollte sich eine Regierung doch freuen, wenn es da offensichtlich ein Produkt gibt, was in der Lage ist viele rauchenden Bürger vor dem Krebstod zu bewahren. Stattdessen ist geplant, die E-Zigarette soweit zu reglementieren, dass sie als Alternative zum todbringenden Tabak quasi nutzlos ist. Das kann doch nicht im Interesse des Staats sein?
Meine Fragen:
- Warum werden positive Studien von der Politik ignoriert?
- Warum wird stattdessen noch immer sehr schwach argumentiert, dass "Gefahren nicht ausgeschlossen werden können". (Gerade vor dem Hintergrund der existierenden Studien unverständlich.)
- Wie stehen sie persönlich, in Ihrer Eigenschaft als Abgeordneter zum Thema E-Zigarette und der geplanten Neufassung der EU-Tabakrichtlinie?
- Sind sie, was den Nichtraucherschutz angeht, trotz aller Gegenargumente für eine Gleichbehandlung der E-Zigarette und der Tabakzigarette?
Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Zeit und Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
Benjamin Kottysch
Sehr geehrter Herr Kottysch,
vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zu dem Thema E-Zigaretten.
Erlauben Sie mir vorweg den Hinweis, dass gerade bei jungen Menschen der Tabakkonsum rückläufig ist. Der Anteil der rauchenden Kinder und Jugendlichen (im Alter von 12 bis 17 Jahren) hat sich von 27,5 Prozent (2001) auf 11,7 Prozent (2011) halbiert. Auch in der Altersgruppe der 18 bis 25-jährigen ist der Konsum rückläufig. Diese Tendenz bewerte ich positiv.
Im Jahr 2010 wurde eine Überarbeitung der von Ihnen angesprochenen EU-Tabakrichtlinie, die im Jahr 2001 eingeführt wurde, beschlossen. Im Dezember 2012 hat die EU-Kommission Vorschläge unterbreitet, welche Neuerungen aus ihrer Sicht wünschenswert wären (zu einer Beschlussfassung der neuen EU-Tabakrichtlinie wird es wohl im Jahr 2014 kommen). Eine dieser Änderungen ist die erstmalige Aufnahme der E-Zigarette in die Vorschrift. Die Richtlinie unterscheidet zwischen Arzneimitteln und nikotinhaltigen Produkten. Wenn Produkte mehr als vier mg/ml Nikotin enthalten, gelten sie als Arzneimittel und wären dann nur noch in Apotheken erhältlich. Würden sie als nikotinhaltige Produkte eingeordnet, wären sie als Rauschmittel definiert, die ähnlich wie Tabakzigaretten behandelt würden. Sie müssten dann beispielsweise, ähnlich wie Tabakzigaretten, mit Warnhinweisen versehen werden. In der öffentlichen Diskussion geht es genau darum: Ist die E-Zigarette ein Arzneimittel, oder ein nikotinhaltiges Produkt – wie eine Tabakzigarette?
Tendenziell wäre ich eher für eine Einordnung als nikotinhaltiges Produkt und nicht als Arzneimittel. Die Ähnlichkeit mit einer herkömmlichen Zigarette ist hierbei für mich ausschlaggebend. Sie haben Recht: Es mag viele Studien geben, welche die geringere Schädlichkeit der E-Zigarette im Vergleich zur Tabakzigarette belegen. Genau deshalb vertrete ich meine Ansicht: Die Schädlichkeit der E-Zigarette hat bei der Bewertung ein höheres Gewicht, als die Möglichkeit der Entwöhnung. Anlässlich des aktuellen Drogen- und Suchtberichts 2013 der Bundesregierung urteilt die Drogenbeauftragte: „Zur Tabakentwöhnung ist dieses Produkt nicht geeignet, da die E-Zigarette die Nikotinsucht aufrecht erhält und lediglich eine andere Form des Rauchens darstellt.“ Quelle: http://drogenbeauftragte.de/drogen-und-sucht/tabak/situation-in-deutschland.html
Auch das Landgericht Frankfurt am Main hat in einen Urteil vom 24. Juni 2013 in diesem Sinne entschieden „Az. 5/26 KLs 8920 Js 236334/11 (13/12)“. Dabei hat es den Handel von E-Zigaretten als Verstoß gegen das Tabakgesetz und nicht gegen das Arzneimittelgesetz gewertet. Allerdings ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig. Eine Revision und eine Befassung des Bundesgerichtshofes mit dem Fall scheinen derzeit möglich. Ich denke, dass eine politische Regelung notwendig ist. Solche Fragen müssen von der Öffentlichkeit und den Parlamenten entschieden werden und nicht von Juristen. Die EU-Tabakrichtlinie kann dazu einen Beitrag leisten.
Beste Grüße
Rüdiger Kruse