Frage an Rüdiger Kruse von Klaus-Peter S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Kruse,
unsere Frau Merkel wurde bei ihrem letzten China-Besuch aufgefordert, alles für den Erhalt und den Ausbau der Euro- Zone zu tun. War dieser Auftrag "vergiftet"? Ist diese Aufforderung Chinas nicht ganz uneigennützig?
Warum ist China wohl daran interessiert, daß Deutschland Billionen von Steuergeldern in ein Euro-Faß ohne jeglichen Boden versenkt? Haben Sie dafür eine Einschätzung? Haben USA und China längst erkannt,daß der Euro der ultimative Sargnagel für Europa,aber ganz besonders für das faktisch letztlich für fast alles haftende Deutschland ist?
Wäre mit dem Untergang des Wirtschaftsraumes Europa nicht ein lästiger Mitkonkurrent auf dem Weltmarkt für ganz lange Zeit ausgeschieden?
Freundliche Grüße
Klaus-Peter Steinberg
Sehr geehrter Herr Steinberg,
vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zu dem letzten Besuch unserer Bundeskanzlerin in China und der dabei erörterten Lage im Euroraum.
Ende August 2012 war die Bundeskanzlerin Angela Merkel zu dem sechsten Besuch ihrer Amtszeit in der Volksrepublik China. Einen „vergifteten Auftrag“ von chinesischer Seite, wie Sie es bezeichnen, hat die Bundeskanzlerin dabei sicherlich nicht erhalten.
Bei dem zweitägigen Besuch wurden, unter anderem, wichtige Wirtschaftsfragen erörtert. Im Fokus standen dabei die Beratungen über die Lage im Euroraum. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, dass China die konstruktive Rolle Deutschlands bei der Eurorettung würdige und die von den europäischen Staaten beschlossenen Stabilisierungsmaßnahmen begrüße. Im Gegenzug dankte Deutschland der chinesischen Seite für Chinas Beitrag zur Bewältigung der Staatsschuldenkrise in Europa. Die gesamte Erklärung finden Sie auf den Seiten des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung:
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2012/08/2012-08-30-dt-chin-erklaerung.html
China unterstützt Europa in der Euro-Krise, indem sich das Land, im Rahmen des Internationalen Währungsfonds, in Griechenland engagiert und damit die Griechen und unsere gemeinsame europäische Währung stützt. Zudem hält das Land einen Teil seiner großen Devisenreserven in Euro. Schätzungen gehen von einem dreistelligen Milliardenbetrag aus, den China in Euro angelegt hat und somit die Stabilität der Währung mitsichert. Allein an diesen Maßnahmen können Sie ablesen, wie wichtig der chinesischen Regierung ein stabiler Euro ist.
Die Zeit der isolierten Märkte ist vorüber. China produziert viele Produkte, die es, zu einem großen Teil, nach Europa und Deutschland exportiert. So wurden im Jahr 2011 chinesische Waren im Wert von 79 Milliarden Euro nach Deutschland exportiert. Im Gegenzug führte das Land sehr viele Güter aus dem Bereich der Hochtechnologie ein, vor allem aus Deutschland. Im Jahr 2011 waren es Waren im Wert von 64 Milliarden Euro, die von Deutschland nach China gingen. Die Wirtschaften der einzelnen Länder sind dermaßen miteinander verzahnt, dass die Abkühlung eines Wirtschaftsraums gleichzeitig Auswirkungen auf den anderen Wirtschaftsraum nach sich zieht. Exemplarisch gesprochen: Wenn in Deutschland die Konjunktur um 0,2% weniger stark wächst, dann würden in China 50.000 Menschen arbeitslos. Wenn sich in China das Wachstum abschwächt, dann trifft dies auch die deutsche Industrie, weil eine geringere Nachfrage nach deutschen Produkten in China zu verzeichnen ist. Ein Zusammenbruch des Euros, den ich für unwahrscheinlich halte, würde China daher sehr stark treffen. Die exportorientierte Wirtschaft Chinas stünde vor einer sehr schweren Krise, weil sie keine Abnehmer mehr für ihre Produkte fände. Von daher hat die chinesische Führung ein Interesse an einem starken Euro und einer gut laufenden deutschen und europäischen Konjunktur. An einem Scheitern des Euros ist das Land nicht interessiert. China und Europa, beziehungsweise Deutschland, sind, vor allem in Fragen der Währungsstabilität, in erster Linie Partner und nicht Konkurrenten. Das hat der Besuch unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel gezeigt.
Beste Grüße
Rüdiger Kruse
P.S. Anlässlich des Besuchs der Bundeskanzlerin unterzeichneten Vertreter von Airbus übrigens einen Vertrag über die Lieferung von 50 Flugzeugen des Typs A320 mit der chinesischen Seite. Das Volumen des Auftrags wird auf ca. 2,7 Milliarden Euro geschätzt. Das sichert auch Arbeitsplätze in Hamburg-Finkenwerder. Insgesamt beliefen sich die Vertragsunterzeichnungen, die während der zweitägigen Reise der Bundeskanzlerin getätigt wurden, auf ca. 4,8 Milliarden Euro.