Frage an Roy Kühne von Andreas P. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Warum haben Sie für eine Verlängerung der betäubungslosen Ferkel-Kastration gestimmt?
Sehr geehrter Herr Petersen,
wir wollen gerade unseren mittelständischen, regional verwurzelten Ferkelerzeugern eine Zukunftsperspektive in Deutschland bieten. Deshalb hat der Deutsche Bundestag am 29. November 2018 beschlossen, die Übergangsfrist bis zum vollständigen Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration um zwei Jahre zu verlängern.
Ohne eine derartige Übergangslösung stünden viele der kleinen und mittleren Betriebe vor dem Aus. Diesen Strukturbruch müssen wir verhindern - für die Höfe, die ländlichen Regionen, die Verbraucher und den Tierschutz. Ein Aus der Ferkelerzeugung in Deutschland wäre eine Steilvorlage für die Produktion in Ländern mit niedrigeren Standards. Auf diese Standards im europäischen Ausland hätte Deutschland keinen Einfluss, müsste aber aufgrund der Warenverkehrsfreiheit im Europäischen Binnenmarkt die Einführung ohne Betäubung kastrierter Ferkel – beispielsweise aus Dänemark – dulden. Umfangreiche Langstrecken-Tiertransporte von Ferkeln nach Deutschland wären die Folge, die keinesfalls im Sinne des Tierwohls sind. Die Wertschöpfung wäre ins Ausland abgewandert. Den Preis würden die Landwirte, aber auch die Tiere und die Verbraucher zahlen.
Die Ferkelkastration unter Verwendung eines Lokalanästhetikums könnte ein Ausweg und eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen drei Alternativen (Impfung, Inhalationsnarkose, Ebermast) sein. Insbesondere kleineren und mittleren Betrieben muss eine realistische und kostengünstigere Möglichkeit an die Hand gegeben werden. Dafür ist es aber zwingend notwendig, die Anwendung der Mittel – bei entsprechender nachgewiesener Sachkunde – auch durch den Tierhalter selbst zu ermöglichen und nicht nur auf den Tierarzt zu beschränken. Die dafür notwendigen wissenschaftlichen Studien zur Frage der wirksamen Schmerzausschaltung laufen zurzeit. Darüber hinaus fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) derzeit zwei Projekte im Rahmen des Modell- und Demonstrationsvorhabens Tierschutz zur Einführung der chirurgischen Ferkelkastration unter Betäubung in ferkelerzeugenden Betrieben mit ca. 650.000 Euro. Klar ist aber, dass die Voraussetzungen für die Verwendung eines Lokalanästhetikums noch nicht geschaffen sind. Deshalb hat meine Fraktion für eine Verschiebung des Zeitpunktes gekämpft, ab dem die betäubungslose Ferkelkastration verboten ist. Dies ist sowohl im Sinne unseres Bekenntnisses zu einer zukunftsfähigen, flächendeckenden Landwirtschaft in Deutschland als auch im Sinne des Tierwohls.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Roy Kühne