Frage an Rolf Kramer von Rüdiger I. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Kramer!
Vielleicht ist auch Ihnen bereits die Problematik der Postzustellung in Ihrem Landkreis zugetragen worden. Zeitungsberichten zufolge besteht dieses Problem auch andernorts.
Zu den Fakten: Wir bekommen maximal jeden zweiten Tag Post zugestellt. Im Sommer gab es längere Perioden, in denen nur 3 Mal pro Woche zugestellt wurde. Es gab einen Zeitraum über 5 Werktage, in denen wir keine Post erhielten.
Meine diesbezüglichen Beschwerden an die Post wurden mit "ungewöhnlich hohen Sendungsmengen" (in der Urlaubszeit), Personalproblemen und der Tatsache, dass ich nunmal am Ende einer Tour wohne und der Zusteller diese manchmal vorzeitig abbricht begründet.
Aus der örtlichen Postfiliale erfuhr ich, dass ca. 5 Zusteller der Arbeitsbedingungen wegen gleichzeitig gekündigt hätten.
Da die Post keine Abhilfe schaffen kann oder will, habe ich mich auch an die Bundesnetzagentur gewandt, die jedoch nur das wiedergaben, was mir auch die Post selbst mitgeteilt hat.
Meine Frage: Ist es zutreffend, dass man sich vom Grundsatz E+1 (Posteinwurf + 1 Tag = Zustelltag) dauerhaft verabschiedet hat? Haben sich die Arbeitsbedingungen der Zusteller in den letzten Monaten verschlechtert und der Kunde muß darunter leiden? Gibt es Überlegungen, den alten Standard wiederherzustellen oder muß sich nun alles den Plänen eines weltweit operierenden Logistikriesen unterordnen (Stichwort Privatisierung)?
mfg
Rüdiger Illg
Sehr geehrter Herr Illg,
vielen Dank für Ihre Frage vom 24. November 2008. Hier ist meine Antwort:
Die Situation der teilweise verzögerten Briefzustellung in Weyhe und weiteren Kommunen im Landkreis Diepholz ist mir bekannt und ich halte den derzeitigen Zustand für sehr problematisch.
Grundlegend sind die Qualitätsmerkmale der Briefbeförderung im § 2 der Post- Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) geregelt. In Absatz 3 ist festgehalten:
"Von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen müssen - mit Ausnahme der Sendungen, die eine Mindesteinlieferungsmenge von 50 Stück je Einlieferungsvorgang voraussetzen - im Jahresdurchschnitt mindestens 80 vom Hundert an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 95 vom Hundert bis zum zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden. (.)."
Im Prinzip bedeutet diese Auslegung, dass der Grundsatz E+1 (Posteinwurf + 1 Tag = Zustelltag) weiterhin formal besteht, jedoch rechtlich seitens des Kunden nicht geltend gemacht werden kann, da er nicht in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verankert ist. Es ist der Regulierungsbehörde vorenthalten, Auskunft über Einhaltung der Pflichten der Postzustellung einzuholen und bei gegebenen Verstößen Sanktionen zu beschließen, die das weitere geschäftsmäßige Erbringen von Postdiensten ganz oder teilweise untersagen, wenn mildere Eingriffe zur Durchsetzung rechtmäßigen Verhaltens nicht ausreichen.
Die Deutsche Post AG evaluiert zudem über eine externe Firma regelmäßig die Qualität Ihrer Zustellung. In Ihrem letzten Bericht aus dem Jahre 2007 wurde ein Jahresdurchschnitt von 90 Prozent der Briefe veröffentlicht, die an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zugestellt wurden. In diesem Bericht musste die Post AG jedoch stark regionale Differenzen in der Zustellung einräumen, die insbesondere den norddeutschen Raum betreffen und Ihren geschilderten Eindruck bestätigen.
Zu Ihrer zweiten Frage ist festzustellen, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Zusteller insgesamt negativ entwickelt haben. Die Belastungen sind insbesondere durch die Ausweitung der Bezirke und zu verzeichnenden Engpässe in der Personladecke bedingt durch einen erhöhten Krankenstand gewachsen. Die Post hat darauf reagiert und über Ihren Sprecher am 12. November 2008 die geplante Einstellung von 1.000 zusätzlichen Kräften verkünden lassen, die außerhalb der saisonbedingten Aufstockung zur Weihnachtszeit eingestellt werden sollen. Leider ist dieses zusätzliche Personal ausschließlich für einen nicht näher definierten begrenzten Zeitrahmen vorgesehen. Ob diese Anzahl bei einem derzeitigen Beschäftigungsverhältnis von 80.000 bediensteten Zustellern auf 55.000 Bezirke ausreichend ist, wage ich zu bezweifeln. Diese zusätzlichen Kräfte können meiner Ansicht nach nur der erste Schritt sein, um eine tragfähige Lösung für die Zukunft zu finden.
Deshalb unterstütze ich ausdrücklich die Unterschriftenaktion der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di unter dem Motto "Stoppt den Wahnsinn", mit der sich die Zusteller für verbesserte Arbeitsbedingungen und die weitere Einstellung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Gewährleistung der pünktlichen Briefzustellung einsetzen. Bisher sind bereits 25.000 Unterschriften gesammelt worden, die dem Vorstand der Post AG noch vor Weihnachten zugestellt werden sollen.
Mit freundlichen Grüßen,
Rolf Kramer