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Rolf Kramer
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Frage von Walter M. •

Frage an Rolf Kramer von Walter M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Kramer,

gefallen im Kampf für den Frieden?
Da Sie im Verteidigungsausschuss engagiert sind, würde mich Ihre Meinung zu der Aussage unseres Verteidigungsministers bei der Trauerfeier anlässlich des tragischen Todes unserer Soldaten interessieren.
Aus den Kommentaren diverser Afghanistan-Experten wie Scholl-Latour, Todenhöfer, ehem. russischem Verteidigungsminister im Afghanistan-Krieg, Britischem Oberbefehlshaber Carleton-Smith und seinem zuständigen Botschafter in Kabul, Sir Sherard Cowper-Poles, erhalte ich nämlich den Eindruck, dass dieser Krieg weder zu gewinnen ist noch friedensstiftend wirkt. Auch für ein friedliches Leben in Deutschland ohne Terroranschläge scheint dieser Krieg - nach Meinung von Scholl-Latour - sinnlos zu sein.
Völlig verunsichert hat mich ein Artikel in unserer Tageszeitung unter dem Titel: "Schlechte Zeiten für Friedensstifter" : der Bremer Anwalt Karim Popal, welcher angeblich die Situation in Afghanistan persönlich vor Ort kennt, berichtet in diesem Artikel vom Bau riesiger US-Flughäfen an der Grenze zum Iran, und dem vergeblichen Bemühen unseres Botschafters in Kabul, das AA in Berlin für diplomatische Friedensinitiativen zu gewinnen.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Kampfeinsatz in Afghanistan inzwischen darauf ausgerichtet ist, eine Ausgangsbasis für einen Krieg gegen den Iran zu schaffen.
Ich denke man kann nicht mehr von einem Kampf für den Frieden reden, wenn diese Expertenberichte den Tatsachen entsprechen.
Da Sie Experte in Verteidigungsfragen sind, hoffe ich auf eine klärende Antwort.

Mit freundlichen Grüssen,
Walter Müller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Frage vom 25. Oktober 2008. Hier ist meine Antwort:

Vorab bedaure ich, dass Sie nicht die entsprechende Passage aus der Rede des Verteidigungsministers Jung anlässlich der Trauerfeier zu Ehren der beiden Soldaten der Bundeswehr zitiert haben. So ist es mir leider nicht möglich Ihnen eine Stellungnahme mitzuteilen.

Mit großem Interesse habe ich den von Ihnen in der Frage angeführten Artikel "Schlechte Zeiten für Friedenstauben" von Rainer Kabbert gelesen, der am 24. Oktober 2008 im Weser Kurier veröffentlicht wurde. Die in diesem Artikel getroffene Vermutung des Bremer Anwalt Karim Popals, der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan diene den Vorbereitungen für einen möglichen Angriff gegen den Iran seitens der Vereinigten Staaten von Amerika muss ich zurückweisen. Erkenntnisse über entsprechende Basen der Luftstreitkräfte der USA an der Grenze zum Iran liegen mir nicht vor.

In Reaktion auf die in der deutschen Öffentlichkeit immer kritischere Diskussion des deutschen Engagements in Afghanistan wurde im Oktober 2006 die "Task Force Afghanistan" als Arbeitsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion mit dem Ziel gebildet, die Entwicklung in Afghanistan aufzuarbeiten. Es ging darum, nicht die Augen vor Fehlentwicklungen oder Tendenzen, die problematisch sind, zu verschließen, sondern den Ursachen hierfür nachzugehen und die notwendigen Maßnahmen zur Verbesserungen der Lage zu benennen und bei der Regierung einzufordern. Die internationale Gemeinschaft sieht sich dabei gewaltigen Herausforderungen gegenüber. Fehlentwicklungen und Rückschläge sind nicht zu übersehen: Die Sicherheitslage hat sich seit 2005 verschlechtert. Auch das Drogenproblem und die Korruption in der Regierung und Verwaltung Afghanistans fordern gewaltige Anstrengungen, um den Trend umzukehren.

Am 16.10.2008 hat der Bundestag den Antrag der Bundesregierung auf Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen in 2./3. Lesung beschlossen.
Mit der Verlängerung des ISAF-Mandats kommt die Bundesregierung einer Bitte der afghanischen Regierung und der Vereinten Nationen nach, im Rahmen der internationalen Gemeinschaft und der NATO weiterhin einen substanziellen Beitrag zum Wiederaufbau Afghanistans zu leisten. Das Mandat wird diesmal für 14 Monate verlängert, damit der 2009 neu zu wählende Bundestag die Möglichkeit hat, über eine weitere Verlängerung zu entscheiden.

Damit Afghanistan mittelfristig auf eigenen Füßen stehen kann, werden die Mittel für den zivilen Wiederaufbau um 75 Prozent auf 140 Millionen pro Jahr bis 2010 erhöht. 2008 sind es sogar 170,7 Millionen, weil das geschundene Land obendrein mit einer großen Dürre zu kämpfen hat und Nahrungsmittel knapp werden. Das Bundeswehrkontingent wird u.a. wegen der stärkeren Beteiligung an der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte auf 4.500 Soldatinnen und Soldaten aufgestockt. Außerdem müssen 2009 die Präsidentschaftswahlen und 2010 die Parlamentswahlen abgesichert werden. Schwerpunktmäßiges Einsatzgebiet bleibt der Norden und Kabul. Darüber hinaus können deutsche Streitkräfte in anderen Regionen für zeitliche und im Umfang begrenzte Maßnahmen eingesetzt werden. Aber nur dann, wenn diese zur Erfüllung des ISAF-Gesamtauftrages unabweisbar sind. Ebenso beteiligt sich Deutschland intensiver am Aufbau der afghanischen Polizei.

Ich hoffe ich konnte Ihnen darstellen, dass es sich bei dem Einsatz in Afghanistan ausschließlich um eine Mission zur Stabilisierung der zivilen Strukturen und Infrastruktur des Landes handelt. Diese Aufgaben können jedoch nicht in vollem Umfange umgesetzt werden, sofern sie nicht von einem gewissen Grad an Stabilität und Sicherheit flankiert werden, den unsere Soldaten in einem zugegebenermaßen nicht immer friedlichen Umfeld leisten. Dass ziviler Aufbau und die Gewährleistung von Sicherheit Hand in Hand gehen müssen und zugleich eine zentrale Konstante der Strategie in Afghanistan seitens der Bundesregierung darstellen, lässt sich wie bereist erwähnt am eindrucksvollsten an dem Engagement im Aufbau einer afghanischen Polizei illustrieren.

Lassen Sie mich als Mitglied der SPD-Fraktion nochmals deutlich hervorheben, dass es unser Ziel ist, durch unser Engagement Maßstäbe zu setzen, dass sich dem Land nach mehr als 20 Jahren Krieg und Bürgerkrieg eine friedliche Perspektive bietet. Wir verschließen aber auch nicht die Augen vor Fehlentwicklungen und Tendenzen, die wir für problematisch halten. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, den Ursachen hierfür nachzugehen und die aus unserer Sicht notwendigen Maßnahmen zu benennen und weiter zu verfolgen.

Mit freundlichen Grüßen,
Rolf Kramer