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Rolf Kramer
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Frage von Peter H. •

Frage an Rolf Kramer von Peter H. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Kramer.

Als Rentner möchte ich Sie mit folgender Feststellung konfrontieren und Sie bitten mir Ihre Stellungnahme mitzuteilen :
1957 sind in einem sogenannten "Jahrhundertirrtum" die Renten ausschließlich an die Löhne gekoppelt worden. Wann gedenkt die Politik dieses, erwiesenermaßen nicht überlebensfähige Modell, zukunftsfähig zu machen?
Die Frage bezieht sich ausschließlich auf den Beginn einer Radikalkur - nicht auf derzeitige "Reförmchen" jedweder Art

Mit freundlichen Grüßen
Peter Harig

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Harig,

vielen Dank für Ihre Frage vom 14. September 2008. Hier ist meine Antwort:

Über die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung wird immer wieder heftig diskutiert und spekuliert. Es geht dabei in erster Linie um die zukünftigen Rentenerhöhungen, die Einführung einer Mindestrente und letztlich um die Sicherheit des Rentensystems generell. Die gesetzliche Rente ist meines Erachtens besser als ihr Ruf und das Beste, was man sich für die Altersvorsorge ausdenken kann. Bevor ein bewährtes System der Umlagefinanzierung in der Altersversorgung einer von Ihnen bezeichneten "Radikalkur" unterzogen wird, sollte jede und jeder genau hinschauen, wo die Gründe für die heutigen Probleme liegen.

Die gesetzliche Rentenversicherung wird wie alle Sozialversicherungen in der Bundesrepublik im Umlageverfahren finanziert. Dies bedeutet, dass die Versicherten mit ihren Beiträgen nicht ihre jeweilige individuell zu erwartende Leistung vorfinanzieren, sondern die Beiträge der aktuellen Erwerbsgeneration werden dafür verwendet, um für die Leistungen an die jetzigen Rentnerinnen und Rentner aufzukommen.

Die Entwicklung der Löhne und Gehälter bestimmt als Bemessungsgrundlage für die Beiträge daher die Höhe des Beitragssatzes: Jeweils zum Jahresende wird dieser für das folgende Jahr in der Höhe festgesetzt, wie Einnahmen notwendig sind, um die gesetzlich definierten Ausgaben zu erbringen. Aufgrund dieser Abhängigkeit der Beiträge von der Entwicklung der beitragspflichtigen Lohn- und Gehaltssumme, die von der Lohnentwicklung und der Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten bestimmt wird, existiert ein Bundeszuschuss zur Rentenversicherung. Dessen Funktion und Rechtfertigung besteht nicht nur in der Abdeckung von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, die die Rentenversicherung leistet, sondern auch in einer allgemeinen Garantiefunktion, weil der übergroße Teil der Bevölkerung in seiner Alterssicherung auf die gesetzliche Rentenversicherung angewiesen ist.

Nach der grundlegenden Rentenreform im Jahr 1957, in der die Rentenversicherung in ihrer heutigen Ausgestaltung geschaffen wurde, hat der Bund sich immer mehr aus seiner Verantwortung zurückgezogen: Betrug der Anteil der Bundeszuschüsse im Jahr 1960 noch 21,3 %, so sank dieser Wert bis 1990 auf 13,98 % ab. Erst danach stiegen die Bundeszuschüsse wieder auf ihr ursprüngliches Niveau, insbesondere durch die Einrichtung eines zusätzlichen Bundeszuschusses durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt im Jahr 1998 und durch die Verwendung der Einnahmen der "Öko-Steuer" für die Rentenversicherung ab 1999.

Für den Bundeshaushalt 2009 sind Leistungen an die Rentenversicherung (RV) in Höhe von 79,06 Mrd. Euro ausgewiesen. Die Bundeszuschüsse betragen 57,3 Mrd. Euro. Hinzu kommen u.a. 11,4 Mrd. Euro Beitragszahlungen des Bundes für Kindererziehungszeiten.

Jede Form der Alterssicherung, egal, ob umlagefinanziert oder durch ein Kapitaldeckungsverfahren, unterliegt demographischen Einflüssen. Verändert sich das Verhältnis der Erwerbstätigen zu der Zahl der Rentnerinnen und Rentner negativ, so müssen weniger Jüngere die Leistungen für die Älteren finanzieren. Die demografischen Lasten lassen sich nicht ausschließlich durch Reformen auflösen, auch nicht durch private Vorsorge. Immer müssen die Jungen einen Teil des Wohlstands an die ältere Generation abgeben. Für den Umstieg auf die vielgerühmte Kapitaldeckung, bei der jeder individuell fürs Alter anspart, gibt es gute Begründungen. Doch wenn sich Arbeitnehmer mit vier Euro die Stunde zufriedengeben müssen, sich von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hangeln oder in unbezahlten Praktika ausgebeutet werden, bleibt wenig Spielraum für eine individuelle private Vorsorge. Unser Umlagesystem, bei dem die aktive Generation aus ihren Arbeitseinkommen für die ältere Generation einzahlt, ist effektiv, sparsam und minimiert die Risiken besser als jede Alternative.

Den Vorzügen steht ein Nachteil gegenüber: Wenn der Rentenbeitrag in die Höhe steigt, steigen die Lohnzusatzkosten und Arbeit wird teurer. Um dies abzufedern, gibt es gute Mittel im System, deren sich die Koalition bedient, auch wenn es dabei zu Einschnitten kommt, die ich nicht als "Reförmchen" betrachten würde. So wurden die Steuerzuschüsse erhöht und die Ansprüche an die Altersbezüge massiv gedämpft. Ferner gilt der Beschluss das Rentenalter auf 67 Jahre anzuheben als notwendige Entscheidung, um das System auf die Zukunft vorzubereiten.

Mit freundlichen Grüßen,
Rolf Kramer