Frage an Rolf Kramer von mona o. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
was halten sie von gesamtschulen?
Sehr geehrte Frau Oestmann,
vielen Dank für Ihre Frage vom 24. Juni 2008. Hier ist meine Antwort:
Ich bin davon überzeugt, dass wir in Sachen Bildung mutige und große Schritte machen müssen, die das Wohl und die Bildungschancen der Kinder in den Mittelpunkt stellt. Jedes Kind muss die Möglichkeit haben, das Bestmögliche aus seinen Fähigkeiten zu machen. Das ist heute in Deutschland und Niedersachsen leider nicht überall möglich. Gerade die Bildungspolitik der niedersächsischen Landesregierung in Form der Schulgesetznovelle weist hohe ideologische Vorbehalte gegenüber dem Modell der Gesamtschule aus. Das vollmundige Versprechen des Ministerpräsidenten vor der Wahl, neue Gesamtschulen wieder zuzulassen und das in Deutschland einmalige gesetzliche Errichtungsverbot wieder aufzuheben, wird jedenfalls durch die vorliegende Gesetzesnovelle nicht eingehalten.
Meiner Ansicht nach sollte die Entscheidung für die Errichtung von Gesamtschulen ausschließlich mit Blick auf die Chancengerechtigkeit der Kinder beurteilt werden. In diesem Kontext sollte die einmütige Allianz von Lehrern, Eltern und Schülern gegen die zahlreichen in der Gesetzesnovelle eingefügten Stolpersteine auf dem Weg zu neuen Gesamtschulen der Landesregierung zu denken geben.
Nirgendwo ist der Schulbildungsweg so sehr von der sozialen Herkunft abhängig wie bei uns in Deutschland. Gesamtschulen können helfen, Bildungschancen gerechter zu machen ohne dabei in beengende Konzepte zu verfallen.
Lassen sich mich abschließend betonen, dass die SPD aus den Bildungsstudien der vergangenen Jahre und aus den Erfahrungen in Skandinavien die richtigen Schlüsse gezogen hat. Denn die Frage um die Errichtung von Gesamtschulen, kann meiner Meinung nicht losgelöst von dem Konzept der Ganztagsschule diskutiert werden. Gerade diese entwickelt Räume und Betreuungskapazitäten, um die individuellen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler noch gezielter zu fördern. Das skandinavische Modell zeigt uns dabei, dass insbesondere Gruppendynamiken unter den Schülerinnen und Schülern die gegenseitig unterstützenden Lernprozesse befördern und die Qualität des Unterrichts sowie den Lernerfolg deutlich erhöhen können.
Mit freundlichen Grüßen,
Rolf Kramer