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Frage von Otwin S. •

Frage an Rolf Kramer von Otwin S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Kramer,

Sie haben am 30.05. im Bundestag der Teilprivatisierung der Bahn-Holding zugestimmt. Ich bin darüber etwas enttäuscht, zumal immerhin 27 Ihrer Kollegen in der SPD-Fraktion gegen den Beschluß gestimmt haben, und auch Sie im vergangenen Jahr laut Berichten der Lokalpresse mit dem VCD weitgehend einig waren, zumindest was die Strecken des "Sulinger Kreuzes" anbelangte. Durch Ihr Engagement für das "Sulinger Kreuz" haben sicher nicht wenige Bürger dieses Wahlkreises hinsichtlich der Bahn besondere Erwartungen an Sie, vermute ich zumindest. Es besteht wohl kein Zweifel, daß der Weiterbetrieb von weniger lukrativen Strecken im "Hinterland", sowie die Reaktivierung bereits stillgelegter Strecken mit einer unter Renditedruck stehenden Bahn alles andere als leichter wird. Schon im Vorfeld der geplanten Privatisierung wurde das Netz der DB seit 1994 um 20% abgebaut, trotz steigender Probleme hinsichtlich Klimaschutz, Umweltschutz und Energieverbrauch. Daran konnte und kann offenbar auch nichts ändern, daß das Schienennetz formal in Bundeseigentum bleibt. Das Schienennetz ist nun mal integraler Bestandteil der Bahn und davon abhängig, ob die Bahn darauf Züge fahren läßt.
Nun komme ich zu meinen eigentlichen Fragen: Halten Sie es für in Ordnung, daß die Teilprivatisierung, also ein so grundlegender und weitreichender, die staatliche Daseinsfürsorge betreffender Akt, ohne Gesetz, statt dessen nur per Beschluß, das heißt, am Gesetzgebungsverfahren und am Bundesrat vorbei, durchgedrückt wird? Hat nicht auch die SPD auf ihrem Parteitag die Notwendigkeit eines Gesetzes bekräftigt oder beschlossen? (kann aber sein, daß ich da nicht richtig informiert bin). Hat die plötzliche Eile (Februar: Gründung der Holding, Mai: Privatisierungsfreigabe durch das Parlament ohne Gesetz, November: Verkauf von Aktien) etwas mit dem Wahljahr 2009 zu tun? Will die große Koalition die Bürger im Wahljahr vor vollendete Tatsachen stellen?

Mit freundlichen Grüßen,

Otwin Skrotzki

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Skrotzki,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 3. Juni.

Bevor ich auf diese eingehen werde, erlauben Sie mir noch einige kurze allgemeine Hinweise. Die grundsätzliche Entscheidung zur Privatisierung der Deutschen Bahn ist bereits 1994 mit der Änderung des Grundgesetzes und der Umwandlung der DB in eine Aktiengesellschaft getroffen worden. In der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion habe ich mich gegen den Teilverkauf der Logistiksparte der DB-Holding ausgesprochen, die Mehrheit hat anders entschieden. Da es sich hier meiner Auffassung nach nicht um eine Gewissensentscheidung handelt, habe ich in der namentlichen Abstimmung mit der großen Mehrheit meiner Fraktion dem Vorhaben zugestimmt.

Diese Entscheidung ist unabhängig von meinen Engagement zur Reaktivierung von Bahnstrecken zu sehen. Der Nahverkehr wird über die Länder und ihre Verkehrsgesellschaften geregelt. Die Länder bestellen bei der DB oder anderen Bahngesellschaften ihre Verkehrsleistungen. Ich werde mich auch weiterhin für die Reaktivierung von Bahnstrecken in meinem Wahlkreis einsetzen. Hier hat sich nichts verändert. Das Schienennetz bleibt weiter zu 100% in der Hand des Bundes. Eine Veränderung gegenüber der heutigen Situation (seit 1994) sehe ich für die Zukunft nicht. Insofern teile ich nicht Ihre Befürchtungen, wenn die Länder ihren Verpflichtungen im Nahverkehr gerecht werden.

Nun zu Ihren Fragen: Diese Entscheidung zur Gestaltung des Börsengangs ist bereits im Koalitionsvertrag von 2005 vorgezeichnet, die Diskussionen über das "Wie" dauern seit dieser Zeit an. Eine "plötzliche" Eile sehe ich daher nicht. Diese lange Diskussion musste nach der Entscheidung des SPD-Parteirates nun auch zu Ende gebracht werden. Die Diskussionen und Vorgaben des SPD-Parteitages haben noch einmal eine Veränderung der Positionen zu Gunsten der Bahn gebracht, der unser Koalitionspartner letztzendlich zustimmen musste. Der jetzt gefundene Weg einer Weiterentwicklung der Bahnreform setzt die Wahrnehmung der politischen Gestaltungsmöglichkeiten und der demokratischen Verantwortung bezüglich der Schienenverkehrsinfrastruktur und der Sicherstellung einer flächendeckenden Schienenverkehrsversorgung in Deutschland durch den Bund voraus. Ich gehe davon aus, dass sich der Bund dieser Herausforderung auch mit den neuen Beteiligungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumenten, die ihm durch die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung und den Beteiligungsvertrag gegeben werden, stärker stellt. Insofern wurde auf eine eigenständige Gesetzgebung zur Umsetzung dieser Reformvorhaben verzichtet.

Mit freundlichen Grüßen
Rolf Kramer