Frage an Rolf Kramer von Oliver S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kramer,
nun das Beziehen von Informationen egal woher ist mein gutes Recht. Denn nur weil Sie als Abgeordneter der SPD fungieren, bedeutet das nicht, das Ihre Informationen welche Sie bekommen und auch weitergeben, immer der Wahrheit entsprechen.
Nun, meine heutige Frage lautet:
Warum gibt es bei uns in Deutschland, in der größten europäischen "Volksdemokratie" keine Volksabstimmung in allen wichtigen Fragen?
Zitat Grundgesetz, Artikel 20:
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt,“ steht in Artikel 20 (2) Grundgesetz.
Nur das wir in einer Parteiendiktatur leben, in der wir Bürger von Ihnen nicht einmal das Recht zugestanden bekommen, Kandidaten direkt zu wählen, und bei sehr wichtigen Entscheidungen ( EU, Euro etc) gar nicht gefragt werden, nach dem Motto, der Bürger hat eh keine Ahnung, das ist doch vielen klar. Und wenn wir Bürger sehen, wie die Politik Hand in Hand mit dem Großkapital arbeitet, also das hat gar nix mit Demokratie zu tun. Ich habe letztes Jahr eine Petition eingereicht zu diesem Thema und da wurde mir gesagt, so eine Prüfung dauert sehr lange und im Jahr 2005 hat bereits ein Bürger eine solche Petition eingereicht. Es heißt immer, der Sachstand würde geprüft und das dauert sehr lange. Komisch bei der Diätenerhöhung sind sich Politiker gleich einig. Haben Sie Angst vor einem mündigem Bürger? Angst vor Machtverlust? Muß wohl, denn die Industriekapitäne und Bankiers sind gar nicht an einer Volksabstimmung interessiert, denn sie wüßten um den Verlust ihrer Machtpositionen.
Also, wann stimmen SIE für eine Volksabstimmung in allen wichtigen Fragen, z.B. wenn mal wieder einige Milliarden verpulvert werden von Ihren Kollegen und wir Bürger alles bezahlen sollen...? Siehe Spekulationsgeschäfte Landesbanken, siehe Schürmannbau... usw.
MfG Stang
Sehr geehrter Herr Stang,
vielen Dank für Ihre Frage vom 11. März 2008. Hier ist meine Antwort:
Vorab pflichte ich Ihnen bei, dass das Beziehen von Informationen Ihr gutes Recht ist. Neben dem Beziehen von Informationen ist jedoch insbesondere deren kritische Lektüre und Einordnung unerlässlich. Für meine Antwort an Sie versuche ich gemäß dieser Leitlinie, ein breites Angebot an Informationen zu nutzen, um Ihnen nach sorgfältiger Analyse eine korrekte und zufriedenstellende Antwort zu geben. Eine gleiche sorgfältige Abwägung erwarte ich auch von Ihnen, wenn Sie in Ihrer Fragestellung auf der Basis von Zitaten und Behauptungen argumentieren.
Mit dem Komplex Volksentscheide und Volksbegehren greifen Sie ein Thema auf, dass auf eine außerordentliche öffentliche Resonanz stieß, wie 266.000 Eingaben im Petitionsausschuss belegen. Ich bitte mit Blick auf Ihre Petition zu berücksichtigen, dass die Prüfung eines derart komplexen Themas bei großer Resonanz leider sehr zeitaufwendig ist.
In der 14. Wahlperiode hatte die SPD-Bundestagsfraktion gemeinsam mit der Bundestagsfraktion der Bündnis 90/ die Grünen einen Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid in das Grundgesetz eingebracht.
Die im Grundgesetz festgelegte parlamentarisch-repräsentative Demokratie hat sich in der Bundesrepublik Deutschland bewährt. Doch auch der Wunsch nach stärkerer Beteiligung wächst in der Bevölkerung, wie ihre Anfrage ebenfalls zeigt. In den letzten Jahren wurden die Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger auf Ebene der Bundesländer deutlich ausgebaut. Die Erfahrungen damit sind positiv.
Bis Ende 2004 zählte der Verein "Mehr Demokratie e. V." 162 plebiszitäre Initiativen, d.h. angestrebte Volksinitiativen und Volksbegehren (siehe: das Parlament/Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 10/ 06.03.2006).
Laut Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz wird die Staatsgewalt vom Volke in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt. Durch neue direkte Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger, so unser damaliger Vorschlag, sollte das parlamentarisch-repräsentative System unserer sozialen und rechtsstaatlichen Demokratie ergänzt, jedoch nicht ersetzt werden. Zusätzliche Beteiligungsrechte bringen auch mehr Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger bei der Entscheidung wichtiger Sachfragen. Interesse und Engagement für eine verantwortliche Willensbildung würden verstärkt. Dies belebt die Demokratie insgesamt und macht sie für die Menschen auch attraktiver. Diese neuen Beteiligungsrechte müssten sich ebenso wie parlamentarische Initiativen und Entscheidungen an den Grundrechten, den unveränderlichen Grundentscheidungen der Verfassung und den übrigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen ausrichten und der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen.
Dieser Vorschlag wurde allerdings von den Bundestagsfraktionen der CDU/ CSU als auch von der FDP abgelehnt.
Die Höhe der entstehenden Kosten ist vor allem davon abhängig, in welchem Umfang die Bevölkerung die neuen Beteiligungsrechte nutzen wird. Die bisherigen in- und ausländischen Erfahrungen bei Volksentscheiden zeigen allerdings auch, dass sich die daraus entstehenden "Demokratiekosten" in einem überschaubaren Rahmen halten. Unser Bestreben ist es auch in Zukunft die Rechte der Bürger zu stärken und wir werden uns auch weiterhin für eine Einführung von Plebisziten einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen,
Rolf Kramer