Frage an Rolf Kramer von Oliver S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kramer,
wen bezeichnen Sie als Staat? Sind das nach Definition der Parlamentarier nur unsere Staatsbediensteten? Das Sie und Ihre Kollegen Angst vor Anschlägen haben müssen, kann ich mir gut vorstellen bei den Entscheidungen die Sie angeblich im Namen des Volkes treffen. Viele dieser Entscheidungen werden gar nicht von der Bevölkerung unterstützt und trotzdem wollen Sie uns weismachen, es diene nur zu unserer Sicherheit. Mit diesem Gesetz haben Ihre Kontrollorgane leider zu viele Möglichkeiten, auch jegliche Opposition im Keim zu erdrücken. ( siehe Überwachung durch den Verfassungsschutz bei Eintritt in "Die Linke"). Also warum stimen Sie für ein Gesetz obwohl die Mehrheit der Bürger in Ihrem Wahlkreis dagegen ist? Sie vertreten damit nicht die Interessen der Wähler, sondern nur Ihre eigenen. Für eine Antwort wäre ich Ihnen freundlichst verbunden.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Stang
Sehr geehrter Herr Stang,
vielen Dank für Ihre Frage vom 11. November 2007.
Der Staat sind wir alle zusammen und das Anschläge nicht nur Verantwortungsträger treffen können, müsste selbst Ihnen spätestens seit den Anschlägen in London und Madrid und dem Anschlagversuchen hier in Deutschland bekannt sein. Wir haben bei dem von Ihnen kritisierten Gesetz einerseits im Auge behalten, dass der Staat für unsere Sicherheit zu sorgen hat und daher die berechtigten Strafverfolgungsinteressen des Staates angemessen berücksichtigt werden müssen. Andererseits greifen verdeckte Ermittlungsmaßnahmen aber regelmäßig in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ein, so dass für ihre Anordnung strenge Voraussetzungen gelten und der Rechtsschutz wirksam ausgestaltet sein muss. Deshalb haben wir das Telekommunikationsüberwachungsrecht weiter rechtsstaatlich eingegrenzt. Dadurch liegen die Hürden für die Durchführung einer Telekommunikationsüberwachung in Zukunft noch höher als jetzt. Dabei gilt künftig wie bisher, dass sie -- wie künftig bei jeder eingriffsintensiven verdeckten Ermittlungsmaßnahme auch -- grundsätzlich nur durch einen Richter angeordnet werden darf.
Das neue Gesetz enthält darüber hinaus Anpassungen wegen der Notwendigkeit, die EU-Richtlinie zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) in deutsches Recht umzusetzen. Auch hier haben wir im Bewusstsein der Verantwortung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung unsere Verpflichtung für Bürgerrechte ernst genommen und dafür Sorge getragen, dass die EU-Vorgaben so grundrechtsschonend wie möglich gestaltet wurden. So ist es Deutschland gegen den Widerstand vieler anderer Mitgliedstaaten gelungen, dass die Mindestspeicherungsdauer auf sechs Monate (statt der ursprünglich auf EU-Ebene diskutierten 36 Monate) beschränkt wurde. Dies ist ein vom Deutschen Bundestag wirksam unterstützter Verhandlungserfolg der Bundesregierung auf EU-Ebene.
Die Daten werden -- wie bisher -- nur bei den TK-Unternehmen gespeichert. Wie bisher schon können Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur dann auf die Daten zugreifen, wenn dies zuvor durch einen richterlichen Beschluss erlaubt wurde. In diesem Beschluss legt der Richter genau fest, welche Daten das Unternehmen aus seinem Bestand herausfiltern und den Strafverfolgungsbehörden übermitteln muss.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat in den parlamentarischen Beratungen zu diesem Gesetz dafür Sorge getragen, dass der Einsatz verdeckter Ermittlungsmaßnahmen zum Zweck der Kriminalitätsbekämpfung und dem Schutz vor schweren Straftaten mit hohen, grundrechtssichernden Schwellen verknüpft ist, so dass das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt.
Zu Ihrer Behauptung, dass eine Mehrheit der Bürger meines Wahlkreises gegen dieses Gesetz sei, kann ich nur sagen, dass Sie dafür keinerlei Belege haben. Selbst Umfragen, die Ihre Behauptung stützen könnten - bei aller Problematik der Aussagekraft von Umfragen - habe ich nicht gesehen. Insofern sollten Sie mit solchen Feststellungen sehr vorsichtig sein.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Kramer