Frage an Rolf Kramer von Heinz L. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Kramer,
Ich hätte drei kurze Fragen an Sie zum Thema Milch, weil ich nicht sicher bin welche Partei ich wählen soll. Wie sehen Sie die Situation am Milchmarkt? Was sollte man Ihrer Meinung nach tun,um die Milchpreiskrise nachhaltig !!! in den Griff zu bekommen? Was halten Sie von einer flexiblen Mengenregulierung,d.h.dass man das Angebot an Milch flexibel an die Nachfrage anpasst,so dass der Preis für Verbraucher und Produzent jeweils angemessen fair ist?. Wenn Sie mir diese Fragen bitte schnellst möglich beantworten würden,wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Sehr geehrter Herr Landwehr,
vielen Dank für Ihre Frage vom 22. Mai 2009. Hier ist meine Antwort:
In einem gemeinsamen Telefonat haben wir uns bereits im Vorfeld der Beantwortung Ihrer Fragen konstruktiv über die Situation auf dem deutschen Milchmarkt ausgetauscht. Gerne teile ich Ihnen ergänzend eine schriftliche Stellungnahme über abgeordnetenwatch mit.
Ob das vom Bund der Milchviehhalter (BDM) geforderte System der flexiblen Milchmengensteuerung eine auch langfristig tragfähige Alternative darstellt, muss ich ernsthaft hinterfragen. Für mich ist es nicht besonders überzeugend, wenn die Hoffnung geweckt wird, mit einem etwas geänderten Mengensteuerungssystem könnte langfristig ein deutlich höherer Erzeugerpreis durchgesetzt werden. Mir erscheint das ganze System noch nicht bis zu Ende durchdacht. Meine Fragen in diesem Zusammenhang:
- Wie hoch ist ein "fairer" Milchpreis für ganz Deutschland?
- Ist es nicht so, dass die Produktionsunterschiede zwischen dem Süden und dem Norden Deutschlands mehrere Cent ausmachen?
- Wie sollen diese unterschiedlichen Preise ausgeglichen werden?
- Wie wird verhindert, dass hohe Quotenkosten, wie im bisherigen System, die Erlöse für die Erzeuger mindern?
- Wer setzt den "fairen" Milchpreis fest?
- Wer verhängt die Sanktionen bei Nicht-Einhalten der festgelegten Liefermengen?
- Wie hoch schätzt der BDM den Koordinierungsaufwand für die Erfassung der aktuellen Liefer- und Verbrauchsmengen und die daraus resultierenden Regulierungsmaßnahmen ein?
Diese Fragen müssen auch von jenen beantwortet werden, die Forderungen nach einer Mengenbegrenzung für Milch erheben.
Die SPD hat immer begleitende Maßnahmen eingefordert, um einen sanften Ausstieg aus der Milchquote zu ermöglichen. Wir dürfen in dieser Situation nicht vergessen, dass die Politik diese Maßnahmen auf den Weg gebracht hat.
Wir verbessern die Investitionsförderung und ziehen sie zugleich vor. Die Bundesländer erhalten die Möglichkeit, folgende Änderungen ab Mitte 2009 anzuwenden:
- Anhebung des Fördersatzes für besonders tiergerechte Haltungsverfahren von 30 Prozent auf 35 Prozent;
- Anhebung des förderfähigen Investitionsvolumens von 1,5 Mio. Euro auf 2,0 Mio. Euro;
- Aufhebung des Nachweises der Milchquote auch für Milcherzeuger, die ihre Anträge auf Investitionsförderung nach dem 31. Dezember 2006 gestellt haben.
Darüber hinaus werden weitere Änderungen ab 1. Januar 2010 in Kraft treten: An dieser Stelle sei die Anhebung des Fördersatzes für Kooperationen von Landwirten mit anderen Partnern zur Einkommensdiversifizierung z.B. zur effizienteren Nutzung von Bioenergie genannt. Dieser steigt von derzeit 25 Prozent auf bis zu 35 Prozent.
Die o.g. Maßnahmen verdeutlichen, dass wir unsere Hausaufgaben gemacht haben. In dieser schwierigen Marktsituation übernimmt die SPD politische Verantwortung. Es wäre daher völlig falsch, wenn wir nun neue Illusionen wecken. Gerade zu Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise ist es Aufgabe der Sozialdemokratie deutlich zu machen, dass es mit moralischen Appellen nicht getan ist, sondern die Ursachen in der falsch verstandenen Liberalisierung der Märkte liegen. Um Krisen dergestalt vorzubeugen, sind verbindliche Regeln erforderlich.
Lassen Sie mich abschließend noch einige Worte zu den aktuellen Entwicklungen der letzten Woche ergänzen. Wie Sie sicherlich verfolgt haben, haben sich die Koalitionsfraktionen kurzfristig geeinigt, die Land- und Forstwirte beim Agrardiesel deutlich zu entlasten. Auf Grund der schwierigen aktuellen Situation sollen alle landwirtschaftlichen Betriebe zeitlich befristet wieder von dem reduzierten Mineralölsteuersatz auf Agrardiesel von 25,56 Cent pro Liter profitieren. Der "Selbstbehalt" von 350 Euro je Betrieb bei der Rückvergütung der Mineralölsteuer soll auf zwei Jahre befristet entfallen wie die Deckelung von maximal 10.000 Litern je Betrieb. In der Summe sollen diese Maßnahmen die landwirtschaftlichen Betriebe um ca. 285 Millionen Euro im Jahr entlasten.
Mir ist bewusst, dass die Milchbauern von diesen Regelungen, die für 2009 verabschiedet wurden, nur teilweise profitieren. Die Verantwortung hierfür wird allerdings nicht bei der Politik zu suchen sein, sondern bei den widersprüchlichen Forderungen und Initiativen aus den Landwirtschafts-Verbänden selbst, die meines Erachtens in den Verhandlungen nicht immer den Forderungen der Milchbauern höchste Priorität gewährten.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Kramer