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Roland Meier
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Frage von Markus K. •

Asteroid mit Kurs Erde - Was wäre Ihr wichtigstes politisches Ziel?

Hallo Herr Meier,

wenn Sie sich nur einem einzigen Thema/Problem (nicht auf Regionales beschränkt) annehmen könnten
und dafür max. 4 Jahre Zeit haben dieses nach ihren Wünschen mitzugestalten bzw. zu verändern,
welches wäre das?
Aus welchem Grund möchten Sie dieses priorisieren, was wäre Ihre Vorstellung und
wie möchten Sie die Entwicklung in Richtung Ihrer Vorstellung vorantreiben?

Erzählen Sie doch bitte in einigen Sätzen darüber!

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Markus Kolb

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Antwort von
DIE LINKE

Hallo Herr K.,

vielen Dank für ihre Frage. Wir wissen natürlich, dass es eine Vielzahl dringender und wichtiger Herausforderungen gibt, die angegangen werden müssen. Das wissen sie natürlich. Die meisten Kandidatinnen und Kandidaten wissen das auch und positionieren sich entsprechend vielseitig, so auch ich.

Nun wollen sie aber von mir nur zu genau einem einzigen Thema meine Vorstellungen wissen. Ich entscheide mich für die Drogenpolitik. Es geht mir dabei nicht nur darum die derzeitige und früheren Drogenbeauftragten der Bundesregierung zu kritisieren, oder Cannabis zu legalisieren, sondern das Thema in seiner gesamten Komplexität aufzureißen und zum Vorteil der Gesellschaft umzukrempeln – eine 180°-Wende ist erforderlich.

Ein erster Schritt, wäre natürlich trotzdem die Legalisierung von Cannabis. Wir haben uns an Alkohol in der Gesellschaft gewöhnt (trotz der 200 Toten täglich, nur in Deutschland), warum sollten wir uns nicht an Cannabis gewöhnen (0 Tote, weltweit) können?

Drug-Checking und Drogenkonsumräume gehören für mich ebenfalls nur zum ersten Schritt. Es gibt in Deutschland nur 18 Drogenkonsumräume in Deutschland, keine in Süd- und keine in Ostdeutschland, außer Berlin.

Drogenkonsumräume gibt es leider auch nicht in Portugal, wo man allerdings 10 Tagesdosen jeglicher Droge mitführen darf, ohne kriminalisiert zu werden. Ein „Abrate-Team“ (bestehend aus je einer/einem JuristIn, MedizienerIn und SozialarbeiterIn) prüft, ob man gefährdet ist, Hilfe braucht, oder sein Leben im Griff hat. Dabei sind Drogenkonsumräume sehr wichtig, um z. B. sauberes Werkzeug zu haben, was Infektionskrankheiten wie HIV und Hepatitis um über 90% reduziert und gerade auch bei Obdachlosen eine menschenwürdige Umgebung bieten.

„Wir müssen akzeptieren, dass Menschen Drogen konsumieren.“, war eine Erkenntnis, die ich bei einem Besuch bei Condrobs mitgenommen habe. Es ist nicht an uns, zu bewerten, warum jemand Drogen nimmt. Es kann Neugier sein (Menschen probieren sich aus), eine Lebenskrise (Jobverlust, Existenzangst, Depression, …), Krankheit, oder was auch immer.

Substitutionsbehandlung, Entwöhnungsstationen, usw. sind nicht in ausreichendem Maß verfügbar.

Nicht nur Substanzen, sondern auch Gewohnheiten, Verhaltensweisen, wie Spielsucht oder andere Möglichkeiten, die Realität vorübergehend auszublenden, gehören für mich zum Thema Drogenpolitik. Wir brauchen hier ganz bestimmt viel mehr psychologischen Sachverstand und weniger polizeiliche Repression.

Das Umfeld der potentiell gefährdeten Menschen muss lebenswerter und risikoärmer gestaltet werden (weniger Stress, leichter zu bewältigende Anforderungen, privat ebenso, wie im Job), um wenigstens von dieser Seite den Faktor „Lebenskrisen“ zu reduzieren.

In weiteren Schritten, möchte ich mich dafür einsetzen, dass Drogen in Fachgeschäften erhältlich sind, in reproduzierbarer Qualität, sauber etikettiert und versteuert (analog zu Alkohol), mit kompetenter Beratung, zu preisen, die attraktiver sind, als auf dem Schwarzmarkt. Das muss nicht zwingend billiger sein, aber zuverlässiger und mit einem Jugendschutz, der besser funktioniert, als beim Dealer.

Den kriminellen Strukturen muss das Wasser abgegraben werden, da sie sich auch nicht um öffentliche Daseinsvorsorge kümmern, sondern sich eher mit Zwangsprostitution, Schutzgelderpressung, Waffen- und Menschenhandel beschäftigen. Wenigstens der Bereich Drogenhandel würde eine große Einnahmequelle austrocknen. Auch rechte Strukturen finanzieren sich teilweise über illegalen Drogenhandel. Die vielen „kleine Dealer“, denen im Zuge einer Legalisierung ihre Einnahmequellen wegbrechen, sollten Gelegenheit erhalten, sich in eine legale, soziale Gesellschaft zu integrieren.

Eine Legalisierung von Drogen könnte nicht nur legale Arbeitsplätze in der chemischen Industrie schaffen, sondern auch im Maschinenbau. Es gibt kaum brauchbare Maschinen für industrielle Verarbeitung von Hanf. Gerade bei Hanf geht es in der Landwirtschaft auch um eine Entbürokratisierung (Anmeldung des Anbaus, Ernte, Zertifizierung von Saatgut), um Umweltschutz, um nachhaltige Ressourcen, und Klimaschutz.

Drogen haben im Straßenverkehr nichts verloren. Eine Ungleichbehandlung von Alkohol und Cannabis aber auch nicht. Hier ist gerade eine öffentliche Diskussion im Gange, die hoffentlich vernünftige Lösungen bringt und sich nicht auf vollkommen falschen Annahmen uninformierter lobbygesteuerter PolitikerInnen stützt.

Drogen haben in Supermärkten nichts verloren und im Kassenbereich erst recht nicht. Das extrem niederschwellige Angebot an Alkohol in Supermärkten sollte dringend geändert werden. Mindestens sollte Angebot von Alkohol aus dem Blickfeld von Kindern, Jugendlichen und Alkoholkranken verschwinden und in separaten Bereichen erfolgen.

Prävention und Aufklärung sollte nicht durch Polizisten in Schulen erfolgen, sondern durch geschulte glaubwürdige Personen.

Dass mir das Thema vollumfänglich wichtig ist, zeigt auch mein Engagement beim Cannabis Social Club Ingolstadt e. V., bei der bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Drogenpolitik. Mit der Haltung der LINKEN zur Drogenpolitik bin ich weitestgehend einverstanden. Ich halte sie für die progressivste aller Parteien und für die einzige Partei, die auch glaubwürdig ist.

Schade finde ich dennoch, dass Drogenpolitik nicht mit der Priorität vorangetrieben wird, wie ich es mir wünsche. Denn es gibt wohl kaum eine Familie, in der Drogen nicht in irgendeiner Form eine Rolle spielen. Es gibt nicht ohne Grund so viele NGOs in denen sich so viele MitarbeiterInnen, meist ehrenamtlich engagieren, um betroffenen Kindern, Eltern, KonsumentInnen und Co-Abhängigen zu helfen.

Es ist für mich unerträglich, zu sehen und zu wissen, wie mit Drogen und Konsumierenden umgegangen wird. Wer nicht konsumiert ist langweilig, wer zu viel konsumiert ist abgeschrieben, oder bald tot. Über Drogen – egal welche – sollte ohne Stigmatisierung gesprochen werden können.

Ich hoffe, ihnen einen zufriedenstellenden Überblick meiner Vorstellungen beschrieben zu haben. Um über Details zu diskutieren, können sie mich jederzeit erreichen. Für Kritik, Anregungen und Hinweise, die meinen Horizont erweitern, bin ich immer dankbar.

 

Mit friedlichen Grüßen

Roland Meier