Wie bewerten Sie die Aussagen des renommierten EU-Thinktanks “European Council on Foreign Relations“ bezüglich der Vasallisierung der EU?

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich teile die Einschätzung des Artikels, der in der Quintessenz zusammengefasst werden kann: Europa ist sicherheitspolitisch immer noch massiv von den USA abhängig. Während der französische Präsident Macron die NATO vor einiger Zeit für hirntot erklärt hat und von europäischer Autonomie geträumt hat, hat der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine gezeigt, daß die USA und die NATO weiterhin Garanten für die Sicherheit in Europa sind. Ohne die Lieferung von US-Waffen und der massiven Unterstützung der Ukraine auch durch US-Geheimdienstinformationen hätte das Land nicht in einem solchen Umfang der russischen Invasion standhalten können. Deutlich hat man das gesehen, als es um die Frage der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine ging und Deutschland erst lieferte, als sich auch die USA dazu bereit erklärten, ihrerseits Abrams-Panzer zu liefern.

Ebenfalls teile ich die Schlussfolgerung des Artikels: „Europe becoming an American vassal is unwise for both sides. Europeans can become a stronger and more independent part of the Atlantic alliance by developing independent capacity to support Ukraine and acquiring greater military capabilities.” Mittel- und langfristig wird die große Herausforderung für die internationale regelbasierte Ordnung, die es zu verteidigen gilt, China sein. Dafür brauchen wir eine faire Lastenteilung, denn die USA werden sich immer stärker in Richtung Indopazifik orientieren. Europa muss spätestens dann für den eigenen Kontinent mehr Verantwortung übernehmen.

Herzliche Grüße

Roderich Kiesewetter