Frage an Roderich Kiesewetter von Berthold M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Kiesewetter,
Gesundheitsminister Jens Spahn empfiehlt euphorisiert eine Schutzimpfung. Spahn: "Ihn freut besonders, dass auch eine deutsche Entwicklung darunter ist...Als Ziel habe er jedoch die Erwartung und die Bitte, "dass die allermeisten, die im Gesundheitswesen arbeiten, sich auch impfen lassen". Es gehe nicht nur darum, sich zu schützen, sondern auch die, die man pflegt."
https://www.n-tv.de/politik/Spahn-erwartet-Impfstoff-Zulassung-Mitte-Dezember-article22199913.html
"Die in kürzester Zeit entwickelten Corona-Impfstoffe machen Hoffnung auf ein Ende der Pandemie..... Bei Meissa Chebbi weckt die Erfolgsmeldung der Pharmaforscher hingegen schlimmste Befürchtungen. Schon einmal wurde die Schwedin mit einem gerade erst zugelassenen Stoff immunisiert - vor zehn Jahren gegen die Schweinegrippe. Die 21-Jährige aus Örebro leidet seither an Narkolepsie, der unheilbaren Schlafkrankheit..
Die gravierenden Folgen der Impfkampagne sind den Schweden bis heute im Gedächtnis geblieben. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Novus zufolge wollen sich 26 Prozent gar nicht gegen das Coronavirus impfen lassen, vor allem aus Angst vor unbekannten Nebenwirkungen."
https://www.n-tv.de/panorama/Schweden-misstrauen-Corona-Impfstoffen-article22199887.html
Die Psychologin Cornelia Betsch von der Universität Erfurt zu Impfungen: "Wenn etwa unerwartet seltene, schwere Nebenwirkungen auftreten würden, könnte das die Glaubwürdigkeit der Gesundheitsbehörden beschädigen."
https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-die-unerwartete-nebenwirkung-der-corona-impfstoffe-a-2de1d473-f93a-4f67-b60a-221561ecd428
Meine Frage an Sie ist, ob Sie oder Politiker allgemein, ihren Empfehlungen wissenschaftliche Studien zugrunde legen oder blindlings Empfehlungen aussprechen, ohne Faktengrundlage, auch aus Gründen der Selbstdarstellung? Geben Sie oder die CDU den Menschen eine Garantie, nicht an gefährlichen Nebenwirkungen nach einer Covid19-Impfung zu erkranken?
Sehr geehrter Herr Maier,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Bei der Debatte rund um die Corona-Impfung schwirren momentan so viele Meldungen durch die sozialen Medien und die Presselandschaft, daß es mir wichtig erscheint, zuallererst die gemeinsame Diskussionsgrundlage zu klären.
Alle Impfstoffe, egal in welcher Forschungsphase sie sich momentan befinden, durchlaufen den gleichen Prozess. In einem dreistufigen Verfahren wird jede mögliche Impfung an Freiwilligen getestet.
In Phase I werden die Verträglichkeit eines Impfstoffs und seine Fähigkeit, eine Immunabwehrreaktion hervorzurufen, am Menschen getestet. Dies geschieht an einer noch relativ kleinen Gruppe Probanden.
In Phase II werden die richtige Dosis, die Verträglichkeit und die Immunabwehrreaktion an einer größeren Anzahl von Freiwilligen (mehrere Hundert) erprobt.
In der dritten Phase erhalten mehrere tausend bis zehntausend Freiwillige den Impfstoff. Hier wird getestet, ob die Impfung wirklich vor einer Infektion schützt und sicher ist. In dieser Phase werden auch seltene Nebenwirkungen erkennbar.
Erst wenn all diese drei Prüfungen erfolgreich verlaufen, kann ein Zulassungsverfahren beginnen.
Eine Zulassung erhält ein Impfstoff in Deutschland und der Europäischen Union nur dann, wenn nachgewiesen kann, daß er wirksam und verträglich ist. Dieser Nachweis muss vom Hersteller in vorklinischen Untersuchungen und klinischen Prüfungen erbracht werden.
Für Europa wird das zentralisierte Zulassungsverfahren für Covid-19-Impfstoffe durch die Europäische Arzneimittelagentur koordiniert. Die Impfstoffbewertung der Arzneimittelagentur wird dabei durch die Experten der jeweils nationalen Arzneimittelbehörden vorgenommen. Bei dieser Prüfung werden Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe gründlich untersucht und bewertet. Diese Ergebnisse bilden die Basis für die Entscheidung der Zulassung, die von der EU-Kommission getroffen wird.
Im Folgenden möchte ich gerne auf Ihre Frage eingehen, von wem die zuständigen Behörden bezüglich des Impfstoffs und seinen Nebenwirkungen beraten werden.
Erster und wichtigster Ansprechpartner bezüglich eines Impfstoffs ist die Ständige Impfkommission (STIKO). Diese ist beim Robert-Koch-Institut angesiedelt und hat insgesamt 18 Mitglieder. Diese Mitglieder sind Experten Ihres Fachgebiets. So ist beispielsweise der Vorsitzende der Kommission momentan Thomas Mertens, der zugleich Ärztlicher Direktor des Instituts für Virologie des Universitätsklinikums Ulm ist.
Die STIKO fällt ihre Entscheidungen aufgrund der Basis von Wirksamkeitsangeben und Informationen zu möglichen Impfrisiken sowie unter Einbeziehung der epidemiologischen Nutzen-Risiko-Abwägung.
Nun ist die Frage – können Nebenwirkungen bei den neuen Impfstoffen komplett ausgeschlossen werden? Nein, denn auch etablierte Impfstoffe haben Nebenwirkungen. Wichtig ist es vor allem, diese genau zu kennen. Denn nur dann ist eine sichere Entscheidung möglich, für wen der Impfstoff unbedenklich ist und wer mehr Nutzen als Risiken durch die Impfung hat. Dies ist auch ein zentraler Bestandteil des Prüf- und Zulassungsverfahrens.
Am konkreten Beispiel des Corona-Impfstoffs der deutschen Firma BioNTech möchte ich Ihnen gerne aufzeigen, welche Nebenwirkungen für diese Impfung bekannt sind.
Alle bekannten Nebenwirkungen des Impfstoffs treten in den ersten sechs Wochen auf. Diese Nebenwirkungen beinhalteten Müdigkeit, Kopf- und Gelenkschmerzen und eine gerötete Einstichstelle. Es handelt sich also um Nebenwirkungen, die keine dauerhaften Auswirkungen auf die Gesundheit der Geimpften haben.
Auch nach der Zulassung eines Impfstoffs wird dieser zudem noch weiter überwacht. In Europa gibt es gut etablierte Systeme, die eine mögliche Zunahme von gesundheitlichen Beschwerden der Geimpften statistisch erfassen und Ursache und Wirkungen in Zusammenhang bringen. Eine „Garantie“ durch PolitikerInnen oder eine Partei, wie Sie es sagen, kann es hingegen nicht geben. Wie Sie sicher abschätzen können, ist es Aufgabe der Politik Risiken einzuschätzen und zu begrenzen, Rahmenbedingungen zu schaffen und Haftungsfragen zu klären, nicht aber sogenannte Garantien zu geben, das lassen Wissenschaft (Prinzip der Falsifizierung im Sinne Karl Poppers) und Wahrscheinlichkeit (Gesetz der großen Zahlen) per se nicht zu und würde das Vertrauen auch nicht verbessern.
Herzliche Grüße
Roderich Kiesewetter