Frage an Robbin Juhnke von Tino J. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Dr. Juhnke,
zum 1.8.2011 erfolgte bei den Berliner Beamtinnen und Beamten eine Besoldungsanpassung um 2 % aufgrund des Gesetzes zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung für Berlin 2010/2011 v. 8.7.2010. Im Unterschied zu den Tarifbeschäftigten (hier: Angleichung an das Tarifniveau der anderen Bundesländer auf 100 % spätestens zum Ende des Jahres 2017 gem. Angleichungstarifvertrag Land Berlin) fehlt es allerdings bei den Beamtinnen und Beamten an einer verbindlichen Perspektive für die zukünftige Einkommensentwicklung. Eine gesetzliche Anpassung wird vom jetzigen Senat abgelehnt. Berlin stellt bereits heute das Schlusslicht in der Besoldung im Vergleich zu den anderen Bundesländern und zum Bund dar. Da diese in Zukunft weitere Besoldungserhöhungen vornehmen werden, wird der Abstand zu Berlin weiter zementiert werden.
Wie stehen Sie dazu?
Werden Sie sich in Ihrer Partei und als Volksvertreter in dem neu zu wählenden Parlament für eine dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst des Landes Berlin vergleichbare Perspektive im Bereich der Beamtinnen und Beamten einsetzen?
Sehr geehrter Herr Jachmann,
leider wird die Frage der Beamtenbesoldung häufig nachrangig behandelt, da die große Leistung der Berliner Beamten in einer durch Sparzwänge gekennzeichneten Zeit nicht ausreichend gewürdigt wird. Manch einem scheint sogar der Unterschied zwischen Beamten und Tarifangestellten und die damit verbundene Ungleichbehandlung nicht geläufig zu sein.
Die CDU-Fraktion hat die Abkoppelung der Beamten an die Entwicklung der Löhne und Gehälter im Öffentlichen Dienst erkannt und heftig kritisiert. In Berlin stehen wir - wie sonst nirgendwo in Deutschland - in einer Konkurrenz zu anderen öffentlichen Arbeitgebern (Bund oder Land Brandenburg). Bewerber können sich ohne Ortswechsel bei diesen bewerben und das Land Berlin geht dann leer aus bzw. die besten Bewerber ziehen davon. Doch nicht nur aufgrund der Bewerbersituation ist Handlungsbedarf geboten. Die niedrigsten Besoldungen in Deutschland sind eine Schande für die Hauptstadt und werden den schwierigeren Arbeitsbedingungen von z. B. Polizeibeamten in Berlin nicht gerecht.
Ich habe daher mit meinen Kollegen vom Innenbereich im Juni 2010 folgenden Antrag in das Abgeordnetenhaus eingebracht:
Das Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, eine langfristige Personalbedarfsplanung für die von der Berliner Verwaltung wahrzunehmenden Aufgaben vorzulegen, die
- den Beamten des Landes Berlin die verbindliche Perspektive einer
Angleichung ihrer Besoldung an den Bundesdurchschnitt bis spätestens
im Jahr 2017 aufzeigt und
- die langfristige Personalfluktuation unter Berücksichtigung des
Wegfalls und der Reorganisation von Aufgaben und Arbeitsprozessen sowie
- deren kosten- und liquiditätswirksamen Folgen einschließlich der
Finanzierung möglichst umfassend darstellt.
Dem Abgeordnetenhaus ist zum 31. Dezember 2010 zu berichten.
Begründung:
Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Generationenwechsels in der
Berliner Verwaltung, zunehmender Schwierigkeiten der
Personalrekrutierung im Wettbewerbsföderalismus und der auch langfristig
zu erwartenden Finanzierungsengpässe ist es geboten, für den Berliner
öffentlichen Dienst eine tragfähige Perspektive zu entwickeln.
Dieser Antrag hat zunächst die perspektivische Überwindung der
erheblichen Besoldungsrückstände der Berliner Beamten zum Ziel. Bis zum
Jahr 2017 soll - entsprechend der für die Tarifbeschäftigten
vereinbarten Regelung - die Angleichung der Besoldung an den
Bundesdurchschnitt ereicht sein. Die Perspektive ist zwingende
Voraussetzung, um mit gut ausgebildeten, qualifizierten und motivierten
Beamten im föderalen Wettbewerb der Bundesländer bestehen zu können.
Gleichzeitig müssen die Personalausstattung, die zur Erfüllung der
öffentlichen Aufgaben unabdingbar erforderlich ist, sowie die
Organisation der Zuständigkeiten und der Arbeitsprozesse überprüft
werden. Nur auf diesem Wege können die signifikante Fehlallokation von
Personal in der Berliner Verwaltung beseitigt, Strukturen und
Aufgabenkataloge entschlackt und ein schlanker, leistungsfähiger
öffentlicher Dienst organisiert werden."
Der Antrag wurde mit der Mehrheit der beiden Regierungsparteien SPD und
Linke im November 2010 endgültig im Abgeordnetenhaus abgelehnt. Offenbar
geht man dort davon aus, dass die Beamten aufgrund ihrer besonderen
Loyalitätspflicht gegenüber dem Staat weiterhin hingehalten werden
können. Ich kann darin keine verantwortliche Politik erkennen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Robbin Juhnke