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Rita Pawelski
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Frage von Kurt H. •

Frage an Rita Pawelski von Kurt H. bezüglich Wirtschaft

Liebe Frau Pawelski,
Zur Bewertung unserer wirtschaftlichen Situation, die von der Ihrigen etwas abweicht, gestatten Sie mir ein Zitat aus der FTD:
Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas
Eine Ansicht, die gerade unter angelsächsischen Fondsmanagern verbreitet ist - auch wenn diese in der Heimat kaum geteilt wird. "Das Bild von Deutschland als dem ,kranken Mann Europas‘ können wir nicht bestätigen", sagt Nick Williams, Fondsmanager des Baring Europe Select Trust. "Die deutsche Wirtschaft jammert tatsächlich auf hohem Niveau. Geld ist jedenfalls reichlich vorhanden. Das geringe Verbrauchervertrauen scheint eher kulturell bedingt als ökonomisch angebracht zu sein. Ein Wandel könnte sich hier früher als allgemein erwartet einstellen." Williams erhofft sich positive Impulse vor allem von der Fußball-WM 2006.

Mehr Chancen als Risiken bei deutschen Aktien sieht auch Andrew Lynch, Manager des Schroder ISF Euro Dynamic Growth Fund: "Deutschland ist in Bewegung." Vor allem die Bewertungen deutscher Aktien haben es Lynch angetan. "Wir haben mit SAP jüngst ein Unternehmen in unseren Fonds genommen, das wir schon lange auf unserer Watch-List hatten, das uns aber immer zu teuer war. Während des Kursrückgangs im April haben wir schließlich zugegriffen.
Vielleicht sollten Sie mir noch einmal antworten, wenn Sie die Bewertung unserer wirtschaftlichen Situation etwas optimistischer beurteilen können.
Mit freundlichem Gruß

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Honke,

vielen Dank für Ihre Anmerkung und das Zitat aus der FTD. Vorweg eine Bemerkung: Meine Meinung bilde ich mir aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse und statistischer Fakten und nicht danach, was der eine oder andere gern hören möchte. Den Optimismus in allen Ehren, doch man darf in der derzeitigen Situation den Blick für die Realitäten nicht verlieren. Diese Wahrheiten können manchmal sehr bitter und unangenehm sein!

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und der Boom deutscher Unternehmen an der Börse bedingen zwar einander, sind aber zwei verschiedene Schuhe. Es ist richtig, dass die Aktienkurse hiesiger Unternehmen in die Höhe rauschen, angefeuert durch hohe Gewinne, niedrige Euro-Umtauschwerte sowie Exportrekorde.

Viele ausländische Investoren halten Deutschland derzeit für den attraktivsten Markt. Die deutschen Unternehmen haben sich restrukturiert und Kosten massiv gesenkt. Einige Firmen haben Jobs gestrichen, andere Firmen vereinbarten mit ihren Belegschaften längere Arbeitszeiten und Abschläge beim Lohn. Ergebnis: Die Lohnstückkosten sind 2004 gesunken, und die Lohnkosten in Deutschland werden im laufenden Jahr wesentlich schwächer steigen als im Rest Europas.

Die schwache Lohnentwicklung hat die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Firmen gesteigert. So sind die deutschen Lohnstückkosten in den vergangenen fünf Jahren im Vergleich zu anderen Staaten der Euro-Zone um zehn Prozent gefallen. Deutschland ist die einzige unter den großen Industrienationen, die seit dem Jahr 2000 ihren Anteil am Weltexport ausweiten konnte.

Die Kehrseite dieser Entwicklung ist allerdings die schwache Binnennachfrage, die zwei Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung ausmacht. Dass das Wirtschaftswachstum hierzulande derzeit stagniert, teilte das Statistische Bundesamt in der vergangenen Woche mit. Die reale Wirtschaftsleistung blieb in den Monaten April bis Juni saison- und kalenderbereinigt auf dem Niveau der ersten drei Monate. Das heißt: Null-Wachstum! Null-Wachstum bedeutet keine Perspektive am Arbeitsmarkt, mehr Sorgen um die Renten und neue Finanzlöcher in den öffentlichen Kassen.

Gesunde und an der Börse erfolgreiche Unternehmen sind zwar eine wichtige Bedingung für das Wirtschaftswachstum, aber noch lange nicht ausreichend. Ich kann daher nur wiederholen: Wir brauchen eine konsequente Wachstumspolitik und weit reichende Strukturreformen, um das Wachstum in Deutschland wieder anzukurbeln.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Rita Pawelski