Frage an Renate Schiefer von Kaj B. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Schiefer,
der Bundestag hat beschlossen, dass zukünftig Messenger-Dienste im Zuge der Strafverfolgung abgehört werden dürfen. Hierzu muss, aus technischen Gründen, eine Abhörsoftware, vereinfacht "Staatstrojaner" genannt, auf dem Zielgerät installiert werden. Dazu ist es in den meisten Fällen wiederum notwendig, existierende Sicherheitslücken in den Systemen auszunutzen. Idealerweise unveröffentlichte und somit teilweise noch unbekannte Sicherheitslücken.
Wie ist ihr genereller Standpunkt zu diesem Thema, auch in Hinblick auf den jüngsten Angriff durch "WannaCry" und welche Initiativen im Bereich Cyber Security darf ich von Ihrer Partei in der neuen Legislaturperiode erwarten?
Mit freundlichen Grüßen
K. B.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage, deren Beantwortung ich sehr wichtig finde.
Unser Wahlprogramm schreibt dazu: "Wir wenden uns gegen jede Sperr- und Überwachungsinfrastruktur, denn das Netz soll ein freier gesellschaftlicher Diskursraum sein. Wir wehren uns gegen staatliche Kontroll- und Zensurzugriffe genauso wie gegen ökonomische. [...] Im Bereich der zivilen Cybersicherheit haben Bundeswehr und Geheimdienste nichts zu suchen." Wir beobachten eine Aushöhlung demokratischer Bürgerrechte und -freiheiten durch staatliche Eingriffe sowohl im Netz wie auch in der analogen Welt. Fußfesseln, Videoüberwachung in öffentlichen Räumen, zeitlich unbegrenzte "In-Gewahrsamnahme" von vermeintlichen Gefährdern in Bayern („Polizeiaufgabengesetz“ (PAG)), die der Landtag im Juli beschloss, und Trojanersoftware unseren Geräten - dies alles dient nur scheinbar der "Terrorabwehr" und "Sicherheit", in Wahrheit aber der totalen Kontrolle des Staates über seine Bürgerinnen und Bürger, der Unterdrückung von Kritik und Protest, immer flankiert von Medienkampagnen zur Kriminalisierung einzelner Gruppen ("Linksextreme", "Islamisten"...) Der Nutzen für die Sicherheit der Menschen ist praktisch nicht messbar und kaum vorhanden, der Schaden für eine offene Gesellschaft enorm. Wir sind also nicht nur dagegen, sondern wir tun auch was dagegen, in den Parlamenten und in Demonstrationen auf der Straße.
Mit besten Grüßen
Renate Schiefer