Frage an Reinhard Brandl von Dietmar M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Brandl
Was ist ihre Position als Vertreter des Wahlkreises und seiner Bürger in der heutigen Abstimmung zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes ?
Mit freundlichen Grüßen
Dietmar mommendey
Sehr geehrter Herr Mommendey,
vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-Anfrage vom 13. April 2021 zum Vierten Bevölkerungsschutzgesetz. Ich habe dem Gesetz im Deutschen Bundestag zugestimmt.
Im Vorfeld der Abstimmung haben mich viele Rückmeldungen aus der Bevölkerung erreicht. Die hierbei geäußerten Bedenken und Anmerkungen nehme ich sehr ernst.
Wir haben im Deutschen Bundestag sehr intensiv über das Gesetz beraten. Die Befassung des Deutschen Bundestages war notwendig, da sich die Ministerpräsidenten in ihren Konferenzen nicht mehr auf eine einheitliche Linie verständigen konnten. Ich persönlich halte es zudem für geboten, dass man Entscheidungen dieser Tragweite nicht dauerhaft einem solchem „inoffiziellen“ Gremium überlässt, sondern im Deutschen Bundestag darüber abstimmt. Das war auch der Tenor zahlreicher Schreiben, die mich in den letzten Monaten erreicht haben.
Ich hätte mir persönlich an manchen Stellen auch andere Regeln vorstellen können. Bei den Ausgangssperren wäre ich zum Beispiel lockerer, dafür aber bei der erlaubten Anzahl von Menschen in Supermärkten wesentlich strenger gewesen. In einer normalen Zeit wäre ein politisch fein ausgewogener Kompromiss das große Ziel. In dieser besonderen Zeit geht es darum schnell und klar zu entscheiden. Das Gesetz zu verwässern, zu verzögern oder zu zerreden wäre tödlich, im wahrsten Sinne des Wortes.
Nichtsdestotrotz haben wir den ursprünglichen Gesetzesentwurf an entscheidenden Stellen verbessern können:
* Das Gesetz ist befristet. Alle Maßnahmen gelten nur bis zum 30. Juni 2021. Damit beschränken wir den Zeitraum der Einschränkungen, sorgen für Rechtssicherheit und erhöhen die Akzeptanz der Maßnahmen.
* Der Bundestag muss Verordnungen der Bundesregierung zustimmen. Die Bundesregierung wird mit dem Gesetz zum Erlass von Verordnungen ermächtigt, beispielsweise um Erleichterungen für bereits Geimpfte zu erlassen. Wir haben dafür gesorgt, dass eine solche Verordnung nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Bundestags erlassen werden kann. Damit behalten wir die vollständige Kontrolle über die Maßnahmen der Bundesregierung.
* Ausgangsbeschränkungen nur mit Maß und Mitte. Wir haben dafür gesorgt, dass ein uneingeschränkter Ausgang bis 22:00 Uhr möglich ist. Zwischen 22:00 Uhr und 05:00 Uhr erlauben Ausnahmen aus besonderen Gründen einen Aufenthalt im Freien. Zwischen 22:00 Uhr und Mitternacht kann eine Person allein für sich auch einer körperlichen Bewegung oder Sport nachgehen.
* Wir schaffen Erleichterungen für den Einzelhandel. „Click & Collect“, also die Abholung bestellter Waren, bleibt unabhängig von Inzidenzen möglich. Darüber hinaus ermöglichen wir bis zu einer Inzidenz von 150 das sogenannte „Click & Meet", also Einkaufen mit einer festen Terminbuchung. Zur Sicherheit der Kunden und des Verkaufspersonals ist hierfür ein höchstens 24 Stunden alter negativer Corona-Test erforderlich. Es darf sich max. ein Kunde pro 40 Quadratmeter Ladenfläche im Geschäft befinden.
* Wir verringern die Ansteckungsgefahren beim Schulbesuch. In den Schulen findet derzeit ein erheblicher Teil des Infektionsgeschehens statt, das auch in die Familien weitergetragen wird. Hier müssen wir die Zahlen wieder in den Griff bekommen. Deshalb war die ursprünglich vorgesehene Einführung von Distanzunterricht ab einer Inzidenz von 200 nicht akzeptabel. Nach langen Verhandlungen ist es uns gelungen, die Inzidenzzahl für den Distanzunterricht auf 165 abzusenken, darunter gilt ab einer Inzidenz von 100 verpflichtender Wechselunterricht. Zeitgleich sorgen wir mit einer Testpflicht für Schüler und Lehrer dafür, dass Infektionen schnell erkannt werden. Wir schreiben Hygienekonzepte in den Schulen fest, so dass zum Beispiel das Tragen von Masken und Abstandsregeln verbindlich sind. In den 4. Klassen der Grundschulen bleibt Präsenzunterricht weiterhin möglich.
* Das Ansteckungsrisiko ist im Außenbereich geringer. Sport im Freien bleibt daher möglich, Zoologische und Botanische Gärten bleiben im Außenbereich offen. Gruppen von fünf Kindern dürfen gleichzeitig kontaktlosen Sport im Freien ausüben. Ein Übungsleiter darf dabei anwesend sein, wenn er negativ getestet ist. Gerade für Familien mit Kindern muss eine Möglichkeit für Aktivitäten an der frischen Luft bestehen bleiben.
* Keine zusätzlichen Belastungen durch Homeoffice-Regelungen. Bereits nach der geltenden Arbeitsschutzverordnung müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten Homeoffice anbieten. Neu geregelt ist, dass die Arbeitnehmer dieses Angebot annehmen müssen, wenn keine Gründe dagegenstehen. Die SPD wollte hier erreichen, dass nur aus zwingenden Gründen dieses Angebot nicht angenommen werden muss. Wir haben durchgesetzt, dass der Arbeitnehmer keine zwingenden Gründe mehr geltend machen muss. Das heißt, ein Arbeitnehmer kann Homeoffice verweigern, wenn er aufgrund seiner räumlichen Gegebenheiten oder anderen Gründen nicht von zuhause arbeiten kann. Damit werden die Arbeitgeber von Dokumentationspflichten weitestgehend entlastet. Da das Gesetz insgesamt bis 30. Juni 2021 befristet ist, gilt auch diese Homeoffice-Pflicht nur befristet.
Sehr geehrter Herr Mommendey, die bundesweit einheitliche Bekämpfung der Pandemie bleibt unsere derzeit größte Aufgabe. Die Einschränkungen fallen uns nicht leicht. Sie sind aber notwendig, um die noch immer steigenden Coronazahlen in den Griff zu bekommen, bis wir ausreichend geimpft haben.
Kommen Sie gut und gesund durch die nächsten Wochen.
Beste Grüße
Reinhard Brandl