Frage an Ralf Tscherwinka von Michael M. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Tscherwinka,
zwei Fragen liegen "obenauf":
1.) wie steht die FDP und wie stehen Sie zur personellen Ausstattung der Justiz in Bayern (Richter, Staatsanwälte, Justizmitarbeiter)? Der Jusitzssektor ist ein elementarer Bereich der Daseinsvorsorge und wird seit dem Rücktritt von Mathilde Berghofer-Weichner personell zusehends "verschlankt". Bei den Bürgern könnte der Eindruck entstehen, daß lange Verfahrenslaufzeiten nichts mehr mit Gewähr eines rechtsstaaltlichen Verfahrens zu tun haben und dieser Vertrauensverlust könnte sich fatal auswirken.
Ähnliche Fragen stellen sich natürlich auch für den Bereich der Polizei.
2.) wieso sollte ein Wähler, der diese Landtagswahl eine Alternative oder "sinnvolle Ergänzung" zur staatstragenden Partei sucht, FDP wählen und nicht vielleicht FW?
Vielen Dank.
Mit besten Grüßen
Michael Moser
Lieber Michael Moser,
besten Dank für die Anfrage vom 09. September 2008.
1. Zu Recht weist Du darauf hin, dass der Justizsektor ein elementarer Bereich der Daseinsvorsorge ist. Das sehe ich genauso und die FDP auch. Richtig ist auch, dass seit dem Rücktritt von Frau Berghofer-Weichner, die vor wenigen Tagen verstorben ist, keine echte Persönlichkeit mehr das Justizressort anführt – umso mehr wird es Zeit, dass endlich eine kompetente liberale Person aus der FDP dieses Amt einnimmt. Richtig ist auch Deine Befürchtung, dass lange Verfahrensdauern Vertrauensverluste bedeuten. In vielen Fällen wirkt sich die lange Verfahrensdauer sogar dahingehend aus, dass die Parteien den Ausgang des Rechtsstreits nicht abwarten, sondern stattdessen lieber den Vorschlag einer „gütlichen Einigung“ annehmen und einen Vergleich abschließen. Die Beschleunigung der Verfahren führte ja auch zu den berühmten „Deals“ im Strafverfahren – eine durchaus und berechtigter Weise umstrittene Angelegenheit. Die Beschleunigung selbst ist also auch kein Königsweg und das ist ja das alte Dilemma des Prozessrechts: Eine möglichst gerechte Entscheidung einerseits (und zur Gerechtigkeit gehört meines Erachtens auch Zeitnähe, weil sonst den Bürgern die Entscheidung, wenn sie zu spät kommt, nichts mehr nützt) und auf der anderen Seite Rechtssicherheit (der Gesetzgeber nimmt ja bewusst auch falsche Entscheidungen in Kauf, weil irgendwann Rechtskraft und Befriedung eintreten sollen). Zu den positiven Elementen der Verfahrensbeschleunigung gehört sicherlich auch ein ausgereiftes Mediationsverfahren, ein Bereich also, in dem Du besonders versiert bist. Das Problem der überlangen Verfahrenslaufzeiten allein auf die personelle Ausstattung zu schieben, wäre daher meines Erachtens zu kurz gegriffen. Aber natürlich ist klar, dass unterbesetzte Gerichte und Staatsanwaltschaften für einen Rechtsstaat nicht hinnehmbar sind.
2. Ich gehe davon aus, dass die Bemerkung „staatstragende Partei“ ironisch gemeint war. Die CSU ist ja keine staatstragende Partei, vielmehr handelt es sich bei Bayern um einen parteitragenden Staat. Wie dem auch sei: Die Freien Wähler sind meines Erachtens kein Ersatz für die FDP. Denn wer mit den Freien Wählern liebäugelt, muss bedenken: Eine Verzettelung der Stimmen schadet dem Mittelstand und dem bürgerlichen Lager und nützt den Falschen. Die FDP hat im Gegensatz zu den Freien Wählern eine über die Kommunen hinausgehende Vernetzung, ist auch bundesweit aufgestellt und kann daher meines Erachtens für den Freistaat Bayern sehr viel mehr bewirken als die teilweise etwas atomisiert wirkende Vereinigung der Freien Wähler. Da gehen ja auch in vielen Dingen die Meinungen durcheinander und außer dem Auftritt der berühmten Landrätin als neue FW-Kandidatin hat man von den Freien Wählern eigentlich nichts nennenswertes mehr im Wahlkampf gehört. Auch die anderen Parteien sind keine echte Alternative. Die SPD weiß selbst nicht, wer sie führt, wo sie steht und wohin sie will. Die Linke will eine andere Republik. Die Grünen haben schon unter Joschka Fischer ihre Glaubwürdigkeit bei Menschenrechten, ihre Kompetenz beim Umweltschutz verloren und haben erst jüngst gezeigt, bei der Regierungsbeteiligung in Hamburg, dass sie hierfür bereit sind, wichtige Wahlkampfthemen im wahrsten Sinne des Wortes über Bord in den Hamburger Hafen zu werfen. Die FDP ist daher meines Erachtens eine gute Alternative. Und wenn die CSU ihre absolute Mehrheit behält (was immer unwahrscheinlicher wird), fällt weiterhin nicht die Macht des Arguments, sondern das Argument der Macht.
Viele Grüße
Dr. Ralf Tscherwinka