wie können Sie eine Impfpflicht mit dem Artikel 1 des Grundgesetzes vereinbaren?
Sehr geehrter Herr Stegner,
wie können Sie eine Impfpflicht mit dem Artikel 1 des Grundgesetzes vereinbaren? Eine Impfung ist ein medizinischer Eingriff in das Immunsystem. Dazu bedarf es der zwanglosen und freiwilligen Einwilligung des Patienten. Eine Impfpflicht widerspricht dem Freiwilligkeit und es entstehen Zwänge. Natürlich hofft man mit einer Impfpflicht Pandemien zu verhindern, jedoch kann und darf das Individualrecht nicht ausgehelbelt werden. Ganz zu Schweigen von den Vertrauensverlusten in die Ärzte, die ja die Patienten zwangsbehandeln müssen. Von dem Problemen mit dem Nürnberger Kodex ganz zu schweigen.
Ich würde mich über eine Rückmeldung mit Ihrer Meinung dazu freuen und hoffe inständig, daß Sie sich gegen eine Impfpflicht entscheiden werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jens R.
Sehr geehrter Herr Dr. R.,
haben Sie vielen Dank für die Darstellung Ihrer Einschätzungen zur Impfpflicht. Das Thema Impfpflicht beschäftigt viele Menschen, weshalb ich hierzu sehr viele Schreiben erhalten habe. Ich lese und sammle alles, doch leider ist es mir nicht möglich, einzeln auf jede Zuschrift und Frage einzugehen. Dafür möchte ich um Verständnis bitten.
Dem jetzigen Kenntnisstand zufolge ist eine breitflächige Impfung der Bevölkerung notwendig, um die Corona-Pandemie zu überwinden. Umfassende wissenschaftliche Studien konnten zeigen, dass Impfungen wirksam vor schweren Krankheitsverläufen schützen und gleichzeitig auch das Risiko minimieren, dass sich der Erreger weiter ausbreitet. Auch der Deutsche Ethikrat empfiehlt daher eine Ausweitung der Impfpflicht und stellt, wie ich finde, die Argumente, die für eine Impfpflicht sprechen, überzeugend und eingehend dar. Eine Übersicht mit Quellen finden Sie im unteren Teil der Nachricht.
Derzeit bedroht das Virus weiterhin die Gesundheit und das Leben vieler Menschen. Der massive gesundheitliche und gesellschaftliche Schaden ist nicht zu stoppen, wenn wir keinen Weg finden, die Pandemie zu beenden. Deshalb spreche ich mich für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht für Personen über 18 Jahren aus.
Der Gesetzesentwurf hierzu sieht vor, dass ab dem 1. Oktober 2022 alle volljährigen Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten in Deutschland haben, dazu verpflichtet werden, über einen Impf- oder Genesenennachweis zu verfügen. Von dieser Regelung ausgenommen sind Personen unter 18 Jahren, Personen, die permanent oder vorübergehend nicht immunisiert werden können sowie Schwangere in den ersten drei Monaten.
Zudem sollten umfassende Informationskampagnen, Beratungsangebote sowie Informationen über die zugelassenen Impfstoffe aufgesetzt werden. Außerdem soll das Gesetz bis Ende 2023 befristet und in seiner Wirksamkeit vierteljährlich überprüft werden.
Selbstverständlich ist es so, dass eine allgemeine Impfpflicht auch ein Einschnitt in Grundrechte bedeutet. In Abwägung mit den voraussichtlichen Konsequenzen einer kommenden Welle halte ich diesen Schritt allerdings für verhältnismäßig und alternativlos. Wir müssen derzeit davon ausgehen, dass wir im kommenden Herbst und Winter vor ähnlichen Herausforderungen mit hohen Inzidenzen stehen werden. Deshalb müssen wir jetzt Verantwortung übernehmen und hier frühzeitig präventiv handeln. Es kann nicht die Lösung sein, dass sich unser Gesundheitssystem sowie unser gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben wieder nur mit einschränkenden Maßnahmen schützen lässt. Mit einer allgemeinen Impfpflicht für Erwachsene können wir das verhindern.
Voraussichtlich Anfang April wird jede und jeder Abgeordnete nach bestem Wissen und Gewissen darüber entscheiden. Gerne möchte ich Ihnen versichern, dass uns im Deutschen Bundestag bewusst ist, dass es sich um eine Entscheidung handelt, die sorgfältig abgewogen werden muss. Fest steht dabei für mich jedoch: Freiheit für alle geht nur mit Solidarität von allen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ralf Stegner
Quellen:
Deutscher Bundestag: Gesetzentwurf für allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren (hib 89/2022): https://dserver.bundestag.de/btd/20/008/2000899.pdf
Deutscher Ethikrat: Empfehlung zur Ausweitung der gesetzlichen Impfpflicht:
Zusammen gegen Corona – ein Informationsangebot des Bundesministerium für Gesundheit (BMG): https://www.zusammengegencorona.de/
Einfach und kurz erklärt: Informationen für den Alltag, für Familien, ältere Menschen und medizinisches Personal sowie zur Arbeitswelt.
Robert Koch-Institut (RKI): Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste.html
Ausführlichere Informationen, etwa zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes oder zur Pneumokokken-Impfung in der aktuellen COVID-19-Pandemie.
RKI: Flyer (PDF) für Patienten und Angehörige zur häuslichen Isolierung bei bestätigter Infektion: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Flyer_Patienten.pdf?__blob=publicationFile
Hinweise für den Alltag in häuslicher Isolierung – vom Kontakt mit Haushaltsangehörigen über Hygieneregeln bis hin zur Abfallentsorgung.
infektionsschutz.de – Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA): https://www.infektionsschutz.de/coronavirus/
Hygienemaßnahmen, Verhaltensregeln und -empfehlungen zum Schutz vor dem Coronavirus im Alltag und im Miteinander.
Patientenservice – ein Informationsangebot der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): https://www.116117.de/de/coronavirus.php
Wie Sie erkennen, ob Sie sich mit COVID-19 angesteckt haben, worauf Sie beim Praxisbesuch achten sollten und Hinweise zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.