Frage an Priska Hinz von Karl-Heinz S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Vielen Dank für die ausführliche, wenn auch falsche Beantwortung, meiner Frage zum internationalen Terrorismus. Die Partei "Bündnis90/Die Grünen" beschäftigen sich ja sehr intensiv mit der Integrationspolitik. Ich sehe aber auch noch eine andere Seite der Medaille, die leider in keiner Partei diskutiert wird. Es wird einfach tot geschwiegen, dass jedes Jahr zehntausende top ausgebildete Menschen, Ärzte, Meister, Facharbeiter - die Liste ist fast endlos -, Deutschland fluchtartig den Rücken kehren. Wir sind dann mal weg: http://www.cicero.de/259.php?kol_id=10532
Leider bemerkt keine der etablierten Parteien, zu denen man heute auch leider die Grünen zählen muss, dass sich hier ein Exodus abspielt, der alleine und ausschließlich darauf zurück zu führen, dass dieses Land in einem Morast von Geisterdiskussionen versinkt und die politische Führung einfach keine Antwort auf brennende gesellschaftliche Probleme anbietet.
Die eine Partei beschäftigt sich mit dem Wohlhabenden-Klientel, zu denen auch die überaus erfolgreichen Landesbankmanager gehören, die anderen mit dem anderen Ende der Skala. Frau Hinz, der Mittelstand trägt dieses Land - nicht die Reichen, nicht die Hartz4-Empfänger, nicht die Migranten. Sie können so viele Menschen integrieren, wie Sie für richtig halten, aber mehr Dönerbuden brauchen wir wirklich nicht.
Kein Land dieser Welt verliert mehr Intelektuelle, Fleißige und Mittelsständler, als die absteigende Bundesrepublik Deutschland. Jeder Arzt, der auswandert, ist eine Subvention für sein Aufnahmeland.
Meine Frage: Will sich die Partei der Grünen auch einmal diesem Problem widmen? So weit ich weiß, sind viele Mitglieder gerade aus den gebeutelten Kreisen. Erkennen die Grünen die Gefahr und die Brisanz dieser Situation? Welche Wege und Möglichkeiten sehen die Grünen, dieser Tatsache entgegen zu wirken?
Alles Gute für Sie.
Karl-Heinz Stock
Sehr geehrter Herr Stock,
vielen Dank für Ihre Mail. Der Fachkräftemangel ist ein ernstzunehmendes Problem, mit dem wir uns schon sehr lange beschäftigen. Allerdings kann derzeit nicht allgemein von einem Fachkräftemangel gesprochen werden. Es gibt vielmehr branchenspezifisch erhebliche Probleme, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden. Es herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Absolventen von sogenannten Modefächern, in die sich Studentinnen und Studenten stürzen und nach Beenden ihres Studiums keinen Arbeitsplatz finden, und solchen Fächern, die weniger attraktiv sind und damit zu wenige Fachkräfte hervorbringen.
Es reicht unserer Meinung nicht, gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland zu holen, sondern es muss ebenso mehr Förderung in betriebsspezifische Schulung, Aus- bzw. Weiterzubildung in Deutschland gehen. Unser Bildungssystem ist in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung. Es ist leider hochgradig selektiv und zutiefst ungerecht. Dass wir damit Akademiker- und Fachkräftemangel ernten, haben uns die neue OECD-Bildungsstudie und die DSW-Sozialerhebung überdeutlich gezeigt. Das war ein klares Signal für die unzureichende Bildungs- und Qualifizierungspolitik von Schwarz-Rot. Wir müssen mehr in Bildung investieren. Die missratene Föderalismusreform wirkt sich auch hier wieder verheerend aus. Die Bundesregierung hat offensichtlich keine Idee davon, wie mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem erreicht werden kann. Sie hat keine Strategie für die Modernisierung der Aus- und Weiterbildung. Wer Kinder mit zehn Jahren auf Hauptschulen abschiebt, ihnen dann keinen Ausbildungsplatz anbietet und kaum staatliche Unterstützung für Weiterbildung gibt, darf sich nicht wundern, wenn er auf einen massiven Fachkräftemangel zusteuert. Laut OECD-Studie kann sich nur ein Fünftel der 15-Jährigen vorstellen, später einmal zu studieren. Das ist ein Armutszeugnis für unsere Schulen und Kitas. Es ist eine Bildungs-Demotivation, die jedem Verantwortlichen in Bund und Ländern den Schlaf rauben sollte. Wo sollen bei einer solchen Verschleuderung von Potenzialen die Fachleute der Zukunft herkommen?
Auch Forscherinnen und Forscher in Deutschland müssen wir verbesserte Arbeitsbedingungen bieten, damit sie in Deutschland bleiben und sich nicht für einen besser bezahlten Job im Ausland entscheiden. Es kann nicht sein, dass der Staat viel Geld in die hochqualifizierte Ausbildung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern steckt und es dann zulässt, dass diese ins Ausland abwandern und für uns verloren gehen.
Dennoch bin ich der Meinung, dass gerade im Forschungsbereich der internationale Austausch von exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unabdingbar ist. Mit dem im Juni beschlossenen Zuwanderungsgesetz der Bundesregierung wird ausländischen Forscherinnen und Forschern der Arbeitsaufenthalt in Deutschland erheblich erschwert. Es ist notwendig, dass wir gut ausgebildeten Fachkräften die Einwanderung erleichtern und die Verdienstgrenzen für sie senken. Auch ausländische Studierende, die wir mit viel Geld an deutschen Unis ausgebildet haben, brauchen eine bessere Perspektive auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
Herzliche Grüße,
Priska Hinz