Frage an Peter Wittenhorst von Susanne P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Wittenhorst,
ich befinde mich in einer Weiterbildungsmaßnahme zum Online-Redakteur und erarbeite meinen ersten Rechercheplan zum Thema bedingungsloses Grundeinkommen.
Aktuell zum Vorschlag vom Flensburger SPD-Vorsitzenden Florian Matz, in Flensburg das bedingungslose Grundeinkommen zu testen, habe ich folgende Fragen:
- Wie stehen Sie zum BGE?
- Wie könnte das BGE finanziert werden?
- Wie würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Einkommen gesorgt wäre?
Im Voraus vielen Dank für Ihre Mühe!
S. P.
Sehr geehrte Frau Pries,
ich halte das BGE für ein Projekt, das intensiv diskutiert werden sollte. Nun wäre ein BGE für alle ein Riesenprojekt, deshalb sollte man es zunächst in kleinem Umfang ausprobieren, z. B. als lokales Projekt oder für einzelne Bevölkerungsgruppen. Ich setze mich z. B. für ein Grundeinkommen für Kinder ein, so dass alle Kinder unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern die gleiche Unterstützung bekommen, das wäre ein erster Schritt zur Chancengleichheit und würde Familien mit kleinem Einkommen entlasten.
Ähnliche Modelle stelle ich mir vor, um alten Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen, also eine Art Grundrente im Alter unabhängig von vorher erzieltem Einkommen oder Beitragsjahren. Finanziert werden müsste das aus Steuermitteln und eine Bürgerversicherung.
Zur Finanzierung eines BGE für alle exisitieren verschiedene Modelle; wir müssten sehr viel mehr Steuern aus Erwerbstätigkeit und/oder Konsum bzw. aus Kapitalertrag bezahlen; wir könnten aber auf eine gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung verzichten. Besonders interessant ist das BGE in Verbindung mit der Zukunftsvision einer weitgehend digitalisierten und automatisierten Arbeitswelt, die mit weniger Menschen auskommt. Hier müsste ein Teil der Gewinne eingesetzt werden, um den Menschen ein Grundeinkommen zu bezahlen.
Ich selbst würde auch bei einem BGE weiter in meinem Beruf als Arzt arbeiten, der mir Freude und Erfüllung gibt, und mich meinen ehrenamtlichen Aufgaben widmen.
In Gesprächen mit vielen Menschen habe ich übrigens erfahren, dass fast alle selbstverständlich weiterhin arbeiten würden, aber entspannter und flexibler, weil ja die Grundexistenz gesichert ist.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Wittenhorst