Frage an Peter Ramsauer von Guido F. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dr. Ramsauer,
seit gut zwei Jahren fahre ich nun täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit und benutze auch sonst für fast jede Strecke im Umkreis von 20 km das Rad. Leider musste ich in dieser Zeit feststellen, dass Radfahren im städtischen Straßenverkehr nicht besonders sicher ist. Wobei ich Fußgänger mittlerweile als eine größere Bedrohung betrachte als Autofahrer.
In Köln ist es tagsüber kaum möglich mehr als 1000m am Stück zu fahren, ohne dass ein Fußgänger achtlos direkt vor einem den Radweg oder die Fahrbahn betritt. Nicht selten benutzen Fußgänger auch gleich den vielerorts deutlich rot eingefärbten Radweg, während der angrenzende, meist um ein Vielfaches breitere Fußgängerweg völlig leer ist. Betätigt man dann mal im Interesse aller die Klingel, wird man oft noch angepöbelt.
Die Polizei kontrolliert sogar tagsüber die Beleuchtungseinrichtungen an Fahrrädern und verhängt bei Mängeln auch Bußgelder. Ich habe aber noch nie erlebt, dass mal irgendwo gezielt das Verhalten von Fußgängern überwacht wurde.
Täglich passiere ich eine Kreuzung, an der gelegentlich Fahrradkontrollen stattfinden, die ich mir dann manchmal von der gegenüberliegenden Seite eine Zeit lang ansehe.Während die meisten Radfahrer oft ohne erkennbaren Grund angehalten werden, stehen ein paar Meter neben den Polizeibeamten fast permanent Fußgänger, darauf wartend, dass ihre Ampel Grünlicht zeigt, mitten auf dem Radweg herum. Noch nie habe ich beobachten dürfen, dass mal einer der Polizisten zu den Fußgängern ging und diese zurechtwies.
Wodurch kann man I.E. sicherstellen, dass sich Fußgänger an die im Straßenverkehr geltenden Vorschriften halten und die Rechte anderer achten, wenn schon Polizeibeamte nicht einschreiten, obwohl sie Verstöße unmittelbar beobachten?
Was planen Sie insgesamt, um Radfahrer besser davor zu schützen, unverschuldet in einen Unfall mit einem Fußgänger verwickelt zu werden?
Freundliche Grüße
Guido Friedewald
Sehr geehrter Herr Friedewald,
vielen Dank für Ihre E-Mail in der Sie Ihre Erfahrungen als Radfahrer im städtischen Radverkehr schildern und die Kontrollen der Fußgänger hinterfragen.
Für mich ist die Verkehrssicherheitsarbeit für den Straßenverkehr ein zentrales und unverzichtbares Anliegen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat deshalb das neue Verkehrssicherheitsprogramm 2011 erarbeitet. Es gilt den geänderten Rahmenbedingungen und neuen Herausforderungen im Straßenverkehr Rechnung zu tragen. Eine dieser Herausforderung ist der demografische Wandel, weitere Rahmenbedingungen werden durch immer neue technische Entwicklungen bestimmt. Ein Schwerpunkt des Programms ist der Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer, zu denen Kinder aber auch Senioren gehören.
Die Einhaltung von Verkehrsregeln ist eine elementare Grundvoraussetzung für einen sicheren Straßenverkehr. Durch allgemeine Regeln wird das Verhalten Einzelner kalkulierbar. Dies macht eine Orientierung der Verkehrsteilnehmer, zumal in komplexen Verkehrssituationen, erst möglich. Der Straßenverkehr zeichnet sich im Vergleich zu schienengebundenen Verkehren oder dem Luftverkehr durch ein hohes Maß an Individualität aus. Die Verkehrsaufgaben müssen hier nicht nur von einigen wenigen Fahrzeugführern, sondern von allen Verkehrsteilnehmern bewältigt werden. Aus diesem Grund ist für eine sichere Verkehrsteilnahme die Befolgung von Regeln für jeden einzelnen Verkehrsteilnehmer unerlässlich.
Das Werben für mehr Regelakzeptanz im Rahmen der Verkehrsaufklärung - und dies gilt gleichermaßen für Kraftfahrzeugführer wie für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer - wird dabei auch die Vermittlung der Sinnhaftigkeit von Regeln und Vorschriften umfassen.
Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang auf die in Berlin und Freiburg breit angelegte Kommunikationskampagne zur Verbesserung des Verkehrsklimas auf den Straßen hinweisen. Im Mittelpunkt steht der Radverkehr.
Die Kampagne beschreitet dabei neue Wege. Sie droht weder mit dem erhobenen Zeigefinger, noch arbeitet sie mit Schuldzuweisungen. Statt dessen werden die Begriffe “Vorsicht“ und “Rücksicht“ aus dem Paragraph 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in den Mittelpunkt gestellt und mit den Mitteln einer Markenkampagne breit kommuniziert, vom klassischen Plakat über den Hörfunkspot bis zu Facebook und YouTube.
Ich appelliere an den gesunden Menschenverstand: Es geht darum, sich wieder bewusst zu machen, dass es auch im Straßenverkehr nur dann reibungslos läuft, wenn sich alle an die Regeln halten.
Sehr geehrter Herr Friedewald,
Sie hinterfragen die Kontrollen von Fußgängern. Die Überwachung der Straßenverkehrsregeln ist nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes (Artikel 83 und 84 GG) eine eigene Angelegenheit der Bundesländer. Das bedeutet, dass die zuständigen Länderbehörden, im Regelfall die Polizeien der Länder, in eigener Verantwortung darüber entscheiden, wo, wann und mit welchen technischen Hilfsmitteln Überwachungsmaßnahmen durchgeführt werden. Dabei orientieren sie sich an den Gegebenheiten vor Ort, insbesondere an Unfallhäufungsstellen. Der Bund hat diesbezüglich weder Eingriffs- noch Weisungsrechte.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Peter Ramsauer