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Peter Gauweiler
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Frage von Michael B. •

Frage an Peter Gauweiler von Michael B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Gauweiler,

ein Bundespräsident kann AUSSCHLIEßLICH durch das Verfassungsgericht auf Antrag mit 2/3 Mehrheit von Bundesrat oder -tag entlassen werden, wenn er das Grundgesetz / ein Bundesgesetz vorsätzlich verletzt. Es gibt nur genau EINE Alternative hierzu: den Tod (vgl. zu beidem §61 GG (Grundgesetz), ist dort eindeutig und klar geregelt). Der einseitig erklärte Rücktritt von H. Köhler ist unwirksam, er kann einseitig nur von seinen Rechten (Empfang von Bezügen, ...) zurücktreten, nicht aber von seinen Pflichten (Ausfertigung von Gesetzen, ...), siehe hierzu §346-361 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Im übrigen gibt es für den Bundespräsidenten keine Gegenpartei bzw. keine übergeordnete Instanz, die dessen Rücktritt durch ihren (der Gegenpartei) Verzicht auf ihre Rechte wirksam werden lassen könnte.

Infolgedessen ist die Wahl eines neuen Bundespräsidenten somit ungültig, da der alte nicht verfassungskonform des Amtes enthoben wurde, und werden alle Gesetze, die sein Nachfolger unterzeichnen wird, unwirksam sein - ein irreparabler Demokratie- und Verfassungsnotstand tritt ein. Und sollte der Nachfolger im Laufe der nächsten Jahre Kanzler / Minister ernennen müssen, so wären diese ohne jegliche demokratische / verfassungsgemäße Legitimation.

Meine Fragen hierzu: Werden Sie gegen diesen unhaltbaren Zustand und diese Zerstörung unserer demokratischen Grundregeln vor dem Verfassungsgericht klagen? Und vermuten Sie bei der seltsam widerstandslosen und leisen Hinnahme dieses klar rechtswidrigen Rücktritts seitens der Regierung einen Zusammenhang mit dem vermuteten verfassungswidrigen Druck auf H. Köhler, den Griechen- / Euro-Bailout (ebenfalls eine Attacke auf die Grundfeste unserer Demokratie) zu unterzeichnen?

Mit dem allergrößten Respekt für Ihr mutiges Eintreten für Bürgerrechte und den besten Wünschen,
Michael Böhm

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Böhm,

vielen Dank für Ihre freundlichen Worte. Der von Ihnen genannte Art. 61 Grundgesetz ist neben Art. 54 II Satz 1 die einzige Vorschrift des Grundgesetzes, die unmittelbar Aussagen zur Beendigung der Amtszeit des Bundespräsidenten macht. Während Art. 54 II Satz 1 aber die normale Beendigung im Auge hat, sieht Art. 61 einen Weg zur außerordentlichen Beendigung, d.h. zur Absetzung des Staatsoberhauptes vor. Er kann dort aber nicht aus politischen Motiven abgesetzt werden sondern lediglich wegen Verfassungs- bzw. Gesetzesverletzungen und dies nur in einem dem Strafprozess nachgebildeten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.

In Art. 57 des Grundgesetzes wird die Vertretung des Bundespräsidenten geregelt. Dort heißt es "Die Befugnisse des Bundespräsidenten werden im Falle seiner Verhinderung oder bei vorzeitiger Erledigung des Amtes durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen."
Von einer "vorzeitigen Erledigung" ist immer dann zu sprechen, wenn der Bundespräsident vor dem Ende der im Art. 54 II Satz I vorgesehenen Amtszeit ausscheidet oder das Amt einbüßt. Die wichtigsten Beispiele hierfür sind einerseits der Tod und andererseits der Amtsverzicht, der dem Bundespräsidenten selbstverständlich immer offen steht.
Das Recht vom Amt zurückzutreten wurde in den Art. 54 und 57 des Grundgesetzes nicht ausdrücklich erwähnt, weil es sich von selbst versteht und in § 51 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ausdrücklich gesetzlich normiert ist. Dort heißt es: "Die Einleitung und Durchführung des Verfahrens (Bundespräsidentenanklage, Art 61 GG) wird durch den Rücktritt des Bundespräsidenten, durch sein Ausscheiden aus dem Amt oder durch Auflösung des Bundestages oder den Ablauf seiner Wahlperiode nicht berührt." Dass der Bundespräsident zurückgetreten ist, verstößt nicht gegen die Verfassung und kann auch nicht durch Klage beim Bundesverfassungsgericht beanstandet werden.

Gleichwohl wirft die Art und Weise des Rücktritts viele Fragen auf, die beantwortet werden müssen. Auch der "rangniedrigste" Beamte, der sein Amt als Staatsdiener aufgibt müsste ein so ungewöhnliches Handeln in seiner Dienstpflicht erklären. Weil sein Handeln nicht nur ihn persönlich sondern die Allgemeinheit angeht. Der Präsidialdienst für 80 Millionen Menschen ist keine Wegwerfware. Es muss für die persönliche Weggabe dieser größtmöglichen Ehre, die das Land zu vergeben hat, schwerstwiegende Gründe geben. Die Deutschen haben mehr Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten als viele in Berlin vermuten. Aber wir alle sind es diesem Respekt schuldig, die tatsächlichen Vorgänge, die zum Rücktritt des Staatsoberhauptes geführt haben aufzuklären. Und hier ist an erster Stelle der Bundespräsident a.D. Horst Köhler gefragt, sich über seine wahren Gründe zu erklären.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Gauweiler