Frage an Paul-Egon Mense von Gabriele W. bezüglich Gesundheit
Wie stellen sich die Unterstützung unseres Landkreises beim Erhalt von tarifgeschützten Arbeitsplätzen in unseren Krankenhäusern Stadthagen und Rinteln vor?
Guten Tag Frau Walz,
zunächst eine Vorbemerkung: In vielen Berufen, wo Menschen am Menschen arbeiten, wird zu wenig verdient. Das ist m. E. ein Beweis dafür, dass diese Berufe gegenüber anderen einen zu geringen Stellenwert haben. Scharf formuliert heißt das: Solange beispielsweise ein Bankkaufmann sehr viel mehr verdiendt als eine Krankenschwester, eine Kindergärtnerin, ein Sozialarbeiter oder ein Polizist, stimmt etwas nicht. Wir müssen hier ein anderes Bewusstsein eine andere Einstellung schaffen; eine Aufgabe für Politiker über die Parteigrenzen hinaus. Wenn man sich darin einig wäre, dann wären wir schon einen entscheidenden Schritt weiter.
Zu Ihrer Frage zurück: Die wohnortnahe Versorgung von Patienten mit stationärem Therapiebedarf muss auch zukünftig sichergestellt sein. Dass sich Krankenhäuser, seien sie nun in öffentlicher oder privater Trägerschaft, betriebswirtschaftlich und somit existenzsichernd behaupten müssen, wird zunehmend auch in Schaumburg deutlich. Wenn also "unterm Strich" etwas übrig bleiben muss, oder zumindest die derzeitige Verschuldung der beiden Krankenhäuser Stadthagen und Rinteln nicht weiter ansteigen soll, dann darf dies allerdings nicht zu Lasten der Mitarbeiter/innen gehen, auch wenn die Personalkosten einen Löwenanteil an den Gesamtkosten ausmachen. Personalkosten einsparen um den Haushalt zu sanieren - das sollte nicht der Weg sein. Das bedeutet aber nicht, den Stand und die Entwicklung der Personalkosten zum Tabu zu erklären, denn auch diese Kosten müssen sich einer fortlaufend kritischen Kontrolle unterziehen. Ich befürworte auch eine Tarifsicherheit sowohl bei den Arbeitsplätzen als auch bei der Bezahlung, und trotzdem muss es möglich sein, soweit es die betriebliche - vielleicht sogar existenzbedrohende - Situation erfordert, durch eine deutliche Mehrheitsbildung des Personals tarifvertragliche Regelungen zeitlich befristet zu ergänzen oder auch außer Kraft zu setzen (Flexibilisierung). Bevor ich mich allerdings für die flexible Handhabung eines bestehenden Tarifvertrages zum Thema Personalkosten und Arbeitszeiten einsetze, muss sichergestellt sein, dass alle Einsparpotenziale, die sich z. B. auch durch eine reformbedürftige Aufbau- und Ablauforganisation ergeben können, wirklich ausgeschöpft sind. Ihre Frage, Frau Walz, stellen Sie ja auch vor dem Hintergrund einer möglichen Privatisierrung von Krankenhäusern. Privatisierung löst ja bei manchem Horrorszenarien aus; da wird oft unterstellt, es gehe nur um Gewinnmaximierung, was letztlich zu Lasten der Patienten und des Personals gehe. Ich schließe das nicht völlig aus, denn Fälle dieser Geschäftemacherei sind aus der Seniorenbetreuung ja bekannt. Ich glaube aber, dass man dieses durch Auflagen und Kontrollen weitgehend ausschließen kann. Ein Krankenhaus in privater Trägerschaft kann sich auch keine schlechte Arbeit am Patienten leisten, wenn es dauerhaft existieren will. Im übrigen gibt es ja nicht "Entweder-Oder-Lösungen" in dieser Frage, denn es gibt auch Mischformen und Beteiligungsmodelle, die sich durchaus flexibel gestalten lassen und zu einer besseren Wirtschaftlichkeit beitragen können. Bedenklich ist allerdings, dass bereits ca. 60 % unserer Krankenhäuser in Niedersachsen defizitär arbeiten, woraus ich schließe, dass man viel zu lange das Problem vor sich her geschoben hat. Und noch eine Anmerkung sei erlaubt: Ich glaube nicht, dass Krankenhäuser in der klassischen Form überhaupt eine Zukunft haben. Ich bin für Gesundheitscentren, in denen neben der Schulmedizin auch die Alternativmedizin ihren Stellenwert bekommt, und in denen auch Präventiv- und Palliativmedizin tätig werden können.
Nochmals vielen Dank für Ihre Frage. Wenn Sie weitere Fragen haben, lassen Sie es mich wissen.
Freundliche Grüße
Paul - Egon Mense