Wie stehen Sie zum SBGG (Selbstbestimmungsgesetz), wie stehen sie zu trans- und queeren Menschen?
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Sehr geehrte Frau G.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Transsexuelle Menschen sehen sich in ihrem Leben mit zahlreichen Herausforderungen und Fragen konfrontiert – im persönlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Bereich. Der Staat muss die besonderen Lebenssituationen von transsexuellen Menschen berücksichtigen, wenn er ihre Rechte und Pflichten regelt. Die früheren Vorschriften zur Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister (TSG) unterstützten die Betroffenen nicht ausreichend. Vielmehr wurde die Rechtslage oft als diskriminierend wahrgenommen, insbesondere weil das vorgesehene Verfahren zu lange dauerte, zu viel kostete und zu stark in die Privatsphäre der Betroffenen eingriff.
Allerdings halte ich das Selbstbestimmungsgesetz nicht für zielführend. Mit Respekt vor den Anliegen von Personen, die einen Leidensdruck aufgrund ihrer biologischen Geschlechtszuordnung empfinden, wollen wir das Verfahren des Geschlechtswechsels wieder so gestalten, dass es keine Beliebigkeit zulässt und der rechtlichen Bedeutung des Geschlechts wieder Rechnung trägt, mögliche vorschnelle und letztlich nicht tragfähige Entscheidungen mit ihren oft weitreichenden Folgen vermieden werden, und dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen wieder gewährleistet wird und Schutzräume insbesondere für Frauen nicht länger gefährdet oder entwertet werden. Deshalb wollen wir für Erwachsene die Pflicht zu einer psychologischen ärztlichen Beratung vor einem Personenstandswechsel einführen. Für Minderjährige soll in jedem Fall ein bestätigendes fachärztliches Gutachten erforderlich sein und eine gerichtliche Ersetzung der elterlichen Zustimmung wie in anderen Fällen nur möglich sein, wenn der Nachweis einer Kindeswohlgefährdung erbracht werden konnte. Eine Anhörung des Kindes muss gewährleistet sein. Operative Maßnahmen zur Angleichung beim Wechsel des Geschlechts werden wir bis zur Volljährigkeit – mit Ausnahme weniger, medizinisch besonders indizierter Fälle - ausdrücklich ausschließen. Bei Erwachsenen muss dem eine ausführliche unabhängige Zweitberatung vorausgehen. Nachfolgende Wechsel „zurück“ in das ursprüngliche Geschlecht wollen wir auch bereits vor Ablauf eines Jahres ermöglichen, weitere Wechsel jedoch grundsätzlich ausschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Pascal Reddig