Frage an Omid Nouripour von gregor s. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Nouripour
leider erfährt man als Bürger sehr wenig über die stattfindenden Verhandlungen zum Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen EU und USA, aber womöglich ist dies auch genau so gewollt. Daher sende ich Ihnen anbei einige Punkte, die mich diesbezüglich beschäftigen und würde dazu auch gerne Ihre Meinung als mein Abgeordneter im Bundestag erfahren:
- TTIP höhlt Demokratie und Rechtsstaat aus: Ausländische Konzerne können Staaten künftig vor nicht öffentlich tagenden Schiedsgerichten auf hohe Schadenersatzzahlungen verklagen, wenn sie Gesetze verabschieden, die ihre Gewinne schmälern.
- TTIP öffnet Privatisierungen Tür und Tor: Das Abkommen soll es Konzernen erleichtern, auf Kosten der Allgemeinheit Profite bei Wasserversorgung, Gesundheit und Bildung zu machen.
- TTIP gefährdet unsere Gesundheit: Was in den USA erlaubt ist, würde auch in der EU legal – so wäre der Weg frei für Fracking, Gen-Essen und Hormonfleisch. Die bäuerliche Landwirtschaft wird geschwächt und die Agrarindustrie erhält noch mehr Macht.
- TTIP untergräbt die Freiheit: Es droht noch umfassendere Überwachung und Gängelung von Internetnutzern. Exzessive Urheberrechte erschweren den Zugang zu Kultur, Bildung und Wissenschaft.
- TTIP ist praktisch unumkehrbar: Einmal beschlossen, sind die Verträge für gewählte Politiker nicht mehr zu ändern. Denn bei jeder Änderung müssen alle Vertragspartner zustimmen. Deutschland allein könnte aus dem Vertrag auch nicht aussteigen, da die EU den Vertrag abschließt.
Ich persönlich habe, vermutlich aufgrund zurückhaltender Berichterstattung und mangelnder Aufmerksamkeit, bislang nicht all zuviel davon mitbekommen (Fracking und Wasserrechte mal ausgenommen).
In der Summe aber scheint es mir wohl so zu sein, daß hier eine gewaltige Schieflage in der Entstehung ist bis hin zur Abschaffung staatlicher Souveränität zugunsten von Konzernen. Von den Folgen für den Verbraucher ganz zu schweigen.
Beste Grüße aus Frankfurt
gregor steiger
Sehr geehrter Herr Steiger,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Das Thema TTIP hat in der Fraktion Bündnis90/die Grünen eine breite Diskussion ausgelöst. Die wichtigsten Grünen Stellungnahmen und Initiativen finden sie unter:
http://www.gruene-bundestag.de/themen/freihandel_ID_4390951.html
Wir teilen Ihre Sorgen und Bedenken hinsichtlich des Abschlusses eines Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU. Selbstverständlich braucht es für eine Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit verbindliche Abkommen – auch bilaterale, das zeigen uns die seit Jahren stagnierenden multilateralen Verhandlungen zu einem weltweiten Klimaschutz, der z.Z. die Vorreiter eher ausbremst als fördert. Die EU und Deutschland dürfen dabei aber nur Vereinbarungen eingehen, die neben wirtschaftlichen Vorteilen den Verbraucher- und Umweltschutz verbessern und soziale und Freiheits-Standards sichern. Ein transatlantisches Abkommen muss zum Ziel haben, die Standards auf beiden Seiten des Atlantiks anzuheben.
Mit freundlichen Grüßen,
Omid Nouripour