Frage an Oliver Müller von silke p. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Wie schätzen Sie die Perspektiven des Hochschulstandorts Sachsen-Anhalt ein? Können zwei Universitäten im Land nebeneinander funktionieren? Sollte Ihrer Ansicht nach die Pädagogikausbildung an der Uni Magdeburg eine Zukunft haben?
Sehr geehrte Frau Prange,
vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Frage, die ein Problem anspricht, das in der Tat die noch aktuelle schwarz-gelbe-Landesregierung auf ihre ganz eigene und wohl auch nur von ihr selbst nachvollziehbare Weise nicht wirklich gelöst, sondern allenfalls verschärft und den Hochschulstandort Magdeburg auf noch gar nicht vollends absehbare Ausmaße geschwächt hat.. Denn vor dem Hintergrund des Abschlusses von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen, die ihnen im Grunde aufgewzungen wurden, sind ganze Studien- und Ausbildungsgänge zum Abschuss freigegeben und geschlossen wurden. Dieses dann auch noch als Stärkung des Hochschulstandortes anzupreisen, zeigt nicht nur die Ambivalenz im Handeln von CDU und FDP sondern symbolisiert auch zugelich den Gipfel der Ironie.
So sind Anfang der 90er Jahre mit der Fusion von Pädagogischer Hochschule, Medizinischer Akademie und Technischer Universität die Weichen an der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universotät klar in Richtung einer Synergieefekkte erzielenden und nutzenden Voll-Universität gestellt wurden, die nun deutlich zurückgefahren werden - und das trotz stetig steigender Studierendenzahlen, insbesondere im Bereich der Lehramtsstudiengänge und der Musikausbildung. Diese sollen künftig alle allein an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg, wo schon jetzt die Hörsäle und Seminarräume aus allen Nähten platzen, und zwar ohne weitere Zuführung von Personal als einzigem lehramtsausbildenden Hochschulstandort in Sachsen-Anhalt ausgebildet werden. Man ist der Meinung, die Studierenden, die zuvor beispielsweise aus dem ohnehin strulturschwachen und gebeuteltem Altmarkraum den Weg an die Magdeburger Uni gefunden haben, fahren automatisch gern auch einfach noch 60 Kilometer weiter. Wieso sollten sie das tun, frage ich, wenn dann Potsdam, Braunschweig, Hannover oder gar Berlin mit ähnlicher Entfernung locken. Ganz zu schweigen davon, dass zukünftig dann kaum noch ein/e junge/r Referendar/in den Weg in die Altmark finden wird, wenn sie von Halle aus beteut werden soll. Kein Autohersteller würde doch die Produktion eines Modells einstellen, wenn die Nachfrage weiter steigt und die Kapazität anderer Standorte bereits ausgelastet ist.
Auch hätte die seit dem Bologna-Vertrag europaweit aktuelle Modularisierung von Studiengängen in Bachelor- und Master-Abschlüssen auch Chancen für etwa eine schon seit Jahrzehnten angemahnte Reform der Lehramtsstudiengänge an sich und einen zukunftsfesten Verbleib in Magdeburg geboten.Aber einen Schlussstrich zu ziehen und zu schließen ist wahrscheinlich einfacher, noch dazu, wenn man weiß, dass die mehrheitlich dafür Verantwortung tragenden Entscheidungsträger aus dem Hallenser Raum kommen.
Deshab ein klares JA: Natürlich können zwei Universitäten in Sachsen-Anhalt parallel bestehen und ein fruchtbares Potential für Lehr- und Forschungsleistungen bieten. Es kommt nur darauf an, dieses Potential auch in seiner Breite und Vielfalt zu erkennen, anstatt vom Reißbrett aus formalistische Schnellschüsse zu vollziehen.
Ein doppeltes JA zum Fortbestand der Pädagogik-Istitute an beiden Universitäten: Nicht zuletzt die immer wieder gern bemühten PISA-Ergebnisse zeigen, dass Innovationen auchin diesem Breich mehr als nötig sind. Hinzu kommt, dass der Altersdurchschnitt der Lehrkräfte in unserem Land bei ca. 50 Jahren liegt und gerade in den nächsten Jahren unglaublich viele von Ihnen in den Ruhestand gehen werde, so dass trotz allerorten zu beklagenden sinkenden SchülerInnenzahlen hoch qualifizierte LehrerInnen bald Mangelware sein werden. Dausgesprochen brisant daran ist: Sachsen-Anhalt ist in keiner Weise darauf vorbereitet und die jetzige Landesregierung tut fast nichts um gegenzusteuern.
Für Nachfragen bzw. weitere Hinweise stehe ich natürlich jederzeit gern zur Verfügung - bitte zögern Sie nicht, mich anzusprechen, vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Müller