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Olaf Duge
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Frage von Christian I. •

Frage an Olaf Duge von Christian I. bezüglich Kultur

Im Dezember 2007 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf verabschiedet, der vorsieht, Computer- und Videospiele mit "besonders gewalthaltigen Szenen" automatisch zu verbieten. Das Gesetz soll vom Bundestag bis zum Sommer 2008 verabschiedet werden.

Wie stehen Sie zu diesem Thema, sind sie auch der Meinung das die Jungenkriminalität durch Computerspiele erzeugt wird und verschliessen Sie dadurch auch Ihre Augen davor, dass dieses Problem vielleicht aus Frust und Armut erzeugt wird?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Irrgang,

Auch wenn dieses Thema auf bundespolitischer Ebene behandelt wird, so betrifft die Frage "Welche Video- und Computerspiele erlaube ich meinen Kindern?" früher oder später jede erziehende Mutter bzw. jeden erziehenden Vater. Hierzu brauchen viele Eltern Beratung und Unterstützung, die auch über die Altersfreigaben nach dem Jugendschutzgesetz hinausgehen.

Auch mit meinem inzwischen 22-jährigen Sohn habe ich vor etwa sieben bis acht Jahren langanhaltende und heftige Kontroversen zu diesem Thema geführt und mein Sohn wurde nicht müde immer neue Argumente zu finden, die belegten, dass z.B. "Descent" – zumal in der abgemilderten Version (ohne Blutdarstellungen) –, eben nicht zur Gewalt führe, sondern sogar Aggressionen abbaue.

Natürlich habe ich auch gegen Videospiele, in denen getötet wird, argumentiert (Töten als "saubere" Sache wie ein operativer Eingriff beschönige sogar das Elend des Krieges und des Tötens), dennoch ist mir aus meiner Jugend sehr wohl auch die entspannende Funktion des Aggressionsabbaus bekannt, die ich in der Regel mit meinen intensiv betriebenen Ballsport umgesetzt habe. Wissenschaftlich ist die Verursachung von Gewalt durch Computer- und Videospiele nicht nachgewiesen. Was aber sowohl für mich als auch für meinen Sohn hilfreich war, war die Auseinandersetzung um dieses Thema. Das muss natürlich nicht nur zu Hause geschehen, sondern ist z.B. ebenso in der Schule, unter Freunden oder in Jugendtreffs möglich.

Ein Verbot, wie es derzeit von CDU und SPD geplant ist, würde einer notwendige Medienerziehung (immer alters- entwicklungsgemäß angepasst), die im Rahmen der Schule m.E. sogar verpflichtend sein sollte, im Wege stehen (Verbot ersetzt Auseinandersetzung). Insofern ist der Gesetzentwurf nicht nur unschädlich, sondern sogar kontraproduktiv. Die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen aus dem Jahre 2003 zum Jugendmedienschutz, um Kinder und Jugendliche vor psychischen Schäden durch alters- und entwicklungsbedingte Überforderungen zu schützen, halte ich für ausreichend. Der vorliegende Gesetzentwurf von CDU und SPD geht am eigentlichen Problem der Entstehung der Gewalt vollkommen vorbei und hilft auch den Eltern bei der Erziehung nicht wirklich weiter. Es ist eine eher hilflose Reaktion auf die spektakulären Gewalttaten Jugendlicher wie z.B. in Erfurt. Ich habe den Eindruck, dass vor allem die CDU der Bevölkerung vorspiegeln will, doch etwas zu tun, verbal und aktionistisch dies demonstriert, aber sich an die Ursachen der Jugendgewalt nicht herantraut. Dann müsste sich in dieser Partei soviel Grundlegendes z. B. zum Familienbild und der daraus sich entwickelnden Jugend- und Familienpolitik, zur Frage der Bekämpfung von Armut, zur Gestaltung unseres Bildungssystemes (individuell fördern und mitnehmen statt zu selektieren und Kinder zu Loosern abzustempeln) und vieles mehr ändern, dass die Grundfesten dieser Partei in Frage stünden. Offenbar ist das mit dieser CDU nicht zu machen, weder im Bund noch in Hamburg.

Mit freundlichem Gruß
Olaf Duge

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