Frage an Nils Schmid von Stefan K. bezüglich Gesundheit
Was ist aktuell Ihre Meinung zu den Corona Maßnahmen?
Die Krankenhäuser sind nicht überfüllt. Es gibt viele andere Todesursachen, an denen weit mehr Menschen sterben. Warum werden dafür nicht auch so tiefgreifende Maßnahmen ergriffen?
Sehr geehrter Herr Kösling,
vielen Dank für Ihre Frage zu den politischen Maßnahmen zur Eindämmung des Sars-CoV-2 in Deutschland.
In der Tat können wir feststellen, dass vielerorts in den Krankenhäusern die Intensivstationen und insbesondere solche Betten mit Beatmungstechnik bisher nicht an ihre Belastungsgrenzen gelangt sind. Wir befinden uns in der aktuellen Situation, gerade was die Bewertung des Erfolgs dieser Maßnahmen anbelangt, in einem kaum auflösbaren Argumentationsgegensatz, einem "Präventionsparadox". Tatsächlich würde ich festhalten wollen, dass Maßnahmen wie sie getroffen wurden, nach messbaren Erhebungen dazu beigetragen haben, eine Verbreitung des Virus in Deutschland zu entschleunigen. Das ist ein Erfolg! Auch wenn das nicht bedeuten darf, dass wir nun nachlässig und leichtsinnig handeln dürfen. Die Pandemie ist erst dann überwunden, wenn wir eine wirksame Möglichkeit zum Impfen gefunden haben und auch dann ist ein Virus erst bei einer Durchimpfungsrate von mehr als 95% als ausgerottet zu betrachten. Diesen Wert erreichen wir in Deutschland seit Jahren auch nicht bei Masern.
Gerade um deshalb die Belastung unseres Gesundheitssystems so gering wie möglich zu halten, bei gleichzeitigen Forschungsanstrengungen und umfassenden Stabilisierungs- und Konjunkturmaßnahmen, sind tiefgreifende Schritte nötig gewesen, weiterhin nötig und werden unter Umständen auch wieder nötig werden, sollte es zu einer zweiten Infektionswelle und einhergehenden Erkrankungen mit Covid-19 kommen. Es ist nachvollziehbar, in dieser Situation auch an die vielen anderen schweren oder chronischen Krankheiten, mit denen die Menschheit zu kämpfen hat, zu denken. Ich möchte aber davor warnen, hier entsprechende Zahlen willkürlich miteinander zu vergleichen. Erstens, da wir es nach wie vor mit einer sehr neuartigen Krankheit zu tun haben, über die wir noch immer nur vergleichsweise wenig wissen. Zweitens, da wir stets im Kopf behalten müssen, dass Wissenschaft und Politik auch potentielle Dunkelziffern in Betracht ziehen müssen. Drittens, da die häufigsten Todesursachen in Deutschland wie beispielsweise Krebserkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen sowie Diabetes entweder überhaupt nicht ansteckend sind oder aber nicht über eine einfache Tröpfcheninfektion übertragen werden können und damit für den Alltag in unserer Gesellschaft ein hohes Risiko darstellt. Solche Krankheiten können nicht mit Abstandsregeln, Mund-Nasen-Schutz oder Desinfektionsmitteln bekämpft werden. Es braucht viel mehr langfristige Therapien, Aufklärung, Vorsorge, gesunde Lebensführung und so weiter. So gesehen haben wir zwar mit der Bekämpfung des Coronavirus auch noch keine dauerhafte Lösung in Form der Impfung gefunden, jedoch wissen wir hier um die Effektivität unserer getroffenen Maßnahmen. Alle Bürgerinnen und Bürger sind deshalb angehalten Verantwortungsbewusstsein zu zeigen und können so dazu beitragen, eine Verbreitung zu begrenzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Nils Schmid