Frage an Nils Schmid von Andreas S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Dr. Schmid,
da ich mich für ein Lehramtsstudium entschieden habe, interessiert mich, was Sie in Zukunft im Bildungsbereich vor haben und wie wichtig Ihnen Bildung ist?
In den nächsten Jahren gehen viele Lehrer in Pension und die Schülerzahlen schwinden. Wie sieht in Zukunft die Einstellungssituation für Lehrer in Baden-Württemberg, insbesondere für Gymnasiallehrer, aus?
Werden Sie Stellen einsparen oder die "Rendite" im System belassen, d.h. alle frei werdenden Stellen auch besetzen, um so für eine bessere Unterrichtsversorgung und eine Senkung des Klassenteilers zu sorgen?
Wie sieht für Sie generell der Lehrerberuf der Zukunft aus, was ändert sich in Bezug auf sein Arbeitsverhalten, seine Arbeitszeit, die Verbeamtung? Wird es neben der Gemeinschaftsschule auch noch das "klassische" Gymnasium geben?
Ich freue mich auf Ihre Antwort,
mit freundlichen Grüßen
Andreas Schmidt
Sehr geehrter Herr Schmidt
danke für Ihre Frage und Glückwunsch zur Berufswahl! Ich halte den Lehrerberuf nach wie vor für eine unschätzbar wichtige gesellschaftliche Aufgabe.
Durch den Schülerrückgang werden in den kommenden Jahren in der Tat rechnerisch Lehrerstellen frei. Wir haben dazu im Koalitionsvertrag ( http://dokumente.wscms-basis.de/Koalitionsvertrag-web.pdf ) vereinbart, mit diesen rechnerisch frei werdenden Stellen zunächst unsere schulpolitischen Ziele umzusetzen:
1. Sofortprogramm zum Abbau von Unterrichtsausfall und Aufstockung der Krankheitsreserve - zur besseren Unterrichtsversorgung der Schüler und zur Entlastung der Lehrerkollegien
2. Ein Ganztagsschulprogramm, das diesen Namen auch verdient, mit pädagogischem Betreuungspersonal
3. Einen Innovationspool für die neue Gemeinschaftsschule, für längeres gemeinsames Lernen und für Konzepte der (binnen)differenzierten Förderung
4. Sonderpädagogische Förderung von Kindern mit Behinderung in Regelschulen (Inklusion)
Darüber hinaus frei werdende Mittel werden wir dann aber auch zur Haushaltskonsolidierung verwenden. Das ist übrigens auch aus bildungspolitischer Perspektive gerechtfertigt, denn zum einen ergeben sich aus dem Koalitionsvertrag weitere Aufgaben und finanzielle Lasten (z.B. durch die Abschaffung der Studiengebühren) und zum anderen wollen wir durch nachhaltiges Haushalten dafür Sorge tragen, dass auch kommende Generationen noch Investitionsspielräume (z.B. in Bildung) haben.
Die Bildungspolitik ist nach meiner Auffassung Dreh- und Angelpunkt für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes: Chancengleichheit, Fachkräftenachwuchs, Innovationsfähigkeit oder Integration sind Schlagwörter, die uns sehr konkret beschäftigen werden. Daraus ergibt sich für den Lehrerberuf künftig eine noch größere Verantwortung und damit einher gehende Herausforderungen. Als Beispiel will ich hier nennen: Individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes, die Integration von behinderten Kindern in Zusammenarbeit mit Sonderpädagogen, die Umgestaltung von Ganztagsschulen als Lern- und Lebensorte mit entsprechender pädagogischer Betreuung.
Dies alles erfordert auch eine veränderte Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer und führt zu einem erhöhten Weiterbildungsbedarf. Dem werden wir Rechnung tragen. In Bezug auf Arbeitszeit und Verbeamtung sind dagegen derzeit keine grundlegenden Veränderungen beabsichtigt.
Die Gemeinschaftsschule wird nur auf Antrag der Schulträger eingeführt, ein gymnasialer Zug soll dort möglich sein. Das "klassische" Gymnasium wird aber nicht abgeschafft.
Sehr geehrter Herr Schmidt, ich würde mich freuen, wenn Sie mit vielen anderen mithelfen würden, damit der Bildungsaufbruch in Baden-Württemberg gelingt!
Mit freundlichen Grüßen
Nils Schmid