Frage an Nils Schmid von Astrid B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schmid,
mich interessieren Ihre Antworten auf die folgenden Fragen:
1. GLEICHBERECHTIGUNG VON HOMOSEXUELLEN
In Baden-Württemberg werden Homosexuelle noch immer diskriminiert. So ist in vielen Gemeinden/Landkreisen die Verpartnerung nur im Landratsamt möglich, nicht im Standesamt. Und Landesbeamt/innen wird – im Gegensatz zu anderen Bundesländern - der Ortszuschlag nicht gewährt, wenn der/die eingetragene Lebenspartner/in das gleiche Geschlecht hat. Wie beurteilen Sie diese Zustände? Falls Ihre Partei an der zukünftigen baden-württembergischen Landesregierung beteiligt sein sollte, werden Sie und Ihre Partei diese Diskriminierung abschaffen?
2. GLEICHBERECHTIGUNG VON FRAUEN
Wie wollen Sie die in der Realität noch nicht gegebene Gleichberechtigung von Frauen in Baden-Württemberg vorantreiben? Z.B. mehr Frauen in Führungspositionen – gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer und Frauen
3. BILDUNGSPOLITIK
Welche Maßnahmen wollen Sie im Falle der Regierungsverantwortung ergreifen, damit der Beruf der/des Erzieher/in und Lehrer/in attraktiver wird, so dass z.B. auch mehr Männer erzieherische Berufe wählen und so Verantwortung für Kinder und Jugendliche übernehmen.
4. Als Lehrer/in an einer Schule arbeiten heißt Inhalte vermitteln, Mobbing-Opfer erkennen, Lernschwächen abfedern, ADHS unterstützen, fördern und fordern, unterschiedliche Gesellschaftschichten integrieren, Schüler/innen auf ein Leben im Beruf vorbereiten und das alles unter schwierigen Bedingungen: Klassenstärke 32, ausfallende Kolleg/innen werden nicht ersetzt, weil es keine Krankheitsreserve gibt. Wie wollen Sie diesem veränderten Anforderungsprofil Rechnung tragen, so dass nicht alles auf dem Rücken der Lehrkräfte ausgetragen wird.
Danke + freundliche Grüße
Astrid Blau
Sehr geehrte Frau Blau,
vielen Dank für Ihre Fragen.
1. Gleichberechtigung von Homosexuellen
Die SPD steht für eine tolerante und offene Gesellschaft, in der die Menschen ihr Leben unabhängig von ihrer sexuellen Identität gleichberechtigt gestalten können. Deshalb werden wir uns für eine Gleichbehandlung aller Lebensgemeinschaften stark machen und die eingetragene Lebenspartnerschaft landeseinheitlich regeln. Die Eintragung erfolgt in den Standesämtern und zu den für eine Eheschließung vorgesehenen Gebühren. Eine SPD-geführte Landesregierung wird sich zudem für eine Änderung des Artikels 3 des Grundgesetzes mit dem Zusatz "der sexuellen Identität" einsetzen.
2. Gleichberechtigung von Frauen
Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter sind sozialdemokratische Grundforderungen. Auch wenn vieles in den letzten Jahren auf den Weg gebracht wurde, etwa das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, so ist tatsächliche Gleichstellung heute - im Jahr, in dem sich der Internationale Frauentag zum 100. Mal jährt - immer noch nicht erreicht.
Bei der Gleichstellung von Männern und Frauen steht Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich in vielen Punkten an letzter Stelle. Frauen verdienen bei gleichwertiger Arbeit rund ein Viertel weniger als Männer. Überdurchschnittlich viele Frauen finden sich in Teilzeit- oder geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, der Niedriglohnsektor ist überwiegend "weiblich". In Führungspositionen sind Frauen unterrepräsentiert. Freiwillige Vereinbarungen mit der Privatwirtschaft haben uns nicht weitergebracht. Deshalb fordern wir eine verbindliche Quote.
Wir fordern mehr Gleichstellung für Frauen in Baden-Württemberg, Chancengerechtigkeit und gleichberechtigte Teilhabe. Im Hinblick auf den öffentlichen Dienst wollen wir den Geltungsbereich des Chancengleichheitsgesetzes erheblich erweitern und die Rechte der Chancengleichheitsbeauftragten ausbauen. Das Prinzip des Gender Mainstreaming werden wir auf allen Ebenen anwenden.
3. Bildungspolitik
Erzieherinnen und Erzieher verdienen für die Bewältigung dieser Vielfalt an wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben unsere höchste Anerkennung. Deshalb werden wir die Erzieherinnen und Erzieher hinsichtlich ihrer Entlohnung besser eingruppieren. Weitergehend werden wir den Anteil an männlichen Erziehern erhöhen. Das Ziel ist, die Personalausstattung mit Fachkräften zu verbessern und diese höher zu qualifizieren.
4. Wir werden zusätzliche Lehrkräfte einstellen, um die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Die Zahl der Vertretungen bei krankheitsbedingten Unterrichtsausfällen soll um ein Drittel erhöht werden. Außerdem sollen die dafür notwendigen Lehrkräfte unbefristet eingestellt werden.
Und wir werden das Zahlenverhältnis von Lehrkräften zu Schülerinnen und Schülern so verbessern, dass individuelle Förderung und flexible Unterrichtsorganisation möglich sind.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Nils Schmid