Moin, Herr Lüders. Was halten Sie von paritätisch gelosten Bürgerräten auf Bundes- und auf regionaler Ebene? Und würden Sie sich für solche einsetzen?
Hallo Herr Hofmann, ich halte sehr viel von diesem Ansatz und würde mich folglich auch dafür einsetzen, dass solche paritätisch gelosten Bürgerräte mit tatsächlichen Entscheidungskompetenzen ergänzend geschaffen werden. Erstens ist diese Art Demokratie umzusetzen wahrlich nichts Neues und zweitens wären so die Möglichkeiten der Beeinflussung von außen erheblich eingeschränkt, womit ein gravierendes Problem des derzeitigen Zustands angegangen würde. Entscheidungen von durch Experten beratenen Bürgerräten würden sich zum Beispiel dort anbieten, wo die gewählten Volksvertreter - aus nach vollziehbaren Gründen - nicht imstande sind, eine Entscheidung zu treffen, die sich an den Belangen des Gemeinwohls orientiert. Ein gutes Beispiel ist die in zwei Legislaturperioden gescheiterte Reform des Wahlrechts, die ein personelles Anschwellen des Bundestags verhindern soll. Da würde sich sofort ein solcher Bürgerrat anbieten. Aber auch andere Entscheidungen könnten einen Bürgerrat übertragen werden. So finde ich es zum Beispiel durchaus bedenklich, ein Ministerium zu schaffen, welches ein Veto-Recht im Hinblick auf Umwelt- und Klimaverträglichkeit gegenüber dem Parlament haben soll (so der Vorschlag der Grünen). Dies würde de facto die Legislative einer Kontrolle durch die Exekutive unterwerfen und damit das aus meiner Sicht sehr wichtige Prinzip der Gewaltenteilung verletzen. Ganz anders verhielte es sich mit einem Bürgerrat, der eben dieses Veto-Recht verbindlich ausüben kann, denn auch dieser wäre ja ein Teil der Legislative. Das Zusammenspiel gewählter und geloster Volksvertreter bedarf sicher noch intensiver Beratungen mit Experten, um im Sinne einer Stärkung der Demokratie umsetzugsreif zu werden. Dieser aus meiner Sicht kluge Ansatz geloster Bürgerräte sollte aber in jedem Fall intensiv weiterverfolgt werden. Bleibt zu hoffen, dass sich dafür die erforderlichen parlamentarischen und außerparlamentarischen Mehrheiten/Unterstützungen finden lassen. Ich bedanke mich für Ihre Frage. Mit freundlichen Grüßen Niels-Olaf Lüders