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Niels Annen
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Frage von Constantin von F. •

Frage an Niels Annen von Constantin von F. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Annen,

ich frage mich schon seit langem, warum es in Deutschland kein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen gibt. Dabei liegt doch auf der Hand, dass durch ein solches Tempolimit, ob es nun bei 120, 140 oder auch 160 kmh liegt, nur Vorteile entstehen.

1. Fahren alle langsamer, geschehen weniger und vor allem weniger gefährliche Unfälle.

2. Ich selbst neige zugegebener weise manchmal dazu, auf Autobahnen schnell zu fahren, um (vermeintlich) schneller ans Ziel zu kommen. Aber im Endeffekt spart man doch nur wenig Zeit, wenn man z.B. statt 140 kmh 200 kmh fährt, selbst bei theoretischer freier Fahrt ohne streckenweise Tempolimits wegen Baustellen etc.

3. Das Autobahnfahren insgesamt wird stressfreier, wie ich jedes mal wieder merke, wenn ich im Ausland Auto fahre, wo ich gezwungen werden, langsam zu fahren. Weniger Raser, Drängler und auch weniger Staus durch einen gleichmässigeren Verkehrsfluss.

4. Ein Tempolimit käme auch der Umwelt (und dem Geldbeutel), da man pro Kilometer weniger Benzin verbraucht

Wie ist Ihre Meinung dazu, bzw. was sind Ihre Argumente gegen ein allgemeines Tempolimit außer der Angst vor der zugegebenerweise starken Auto-Lobby in Deutschland?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr von Frehen,

Es gibt aber eine empfohlene Richtgeschwindigkeit, die für PKW und Motorräder bei 130 Kmh liegt. Die Hälfte des Deutschen Autobahnnetzes hat bereits eine empfohlene Richtgeschwindigkeit. 1/3 eine dauerhafte Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 Kmh. Der Rest je nach Verkehr und Wetter wechselndes Limit.

An Unfallschwerpunkten und anderen Gefahrenknoten konnte durch die Einführung moderne Verkehrslenkungssysteme (Richtgeschwindigkeit wird je nach Verkehrslage automatisch angezeigt) schon viel bewirkt werden.In den bekannten Stoßzeiten z.B. Stadtautobahnen kann durch die Einführung von Richtgeschwindigkeiten auf allen Fahrstreifen der Verkehr wesentlich besser fliesen. Ansonsten ist der Bund nicht zuständig. Geschwindigkeitsbegrenzungen liegen in der Hand der Länder.

Es kommt noch folgendes hinzu: Autobahnen sind die sichersten Straßen. Obwohl auf ihnen 34 % der Gesamtfahrleistungen erbracht werden, ereignen sich hier weniger als 7 % der Unfälle mit Personenschaden. Das Unfallgeschehen auf Autobahnen wird im Wesentlichen durch individuelles Fehlverhalten (z. B. zu geringer Abstand, der Verkehrslage oder den Witterungsverhältnissen nicht angepasste Geschwindigkeit) oder örtliche Verkehrsverhältnisse (z. B. Verkehrsdichte oder Ausbauzustand) beeinflusst. Bei der Diskussion um ein Tempolimit werden zudem folgende Faktoren oft übersehen:

- Ausgangspunkt für die meisten Unfälle ist nicht so sehr das Überschreiten einer angeordneten Höchstgeschwindigkeit, sondern die im Einzelfall nicht situationsangepasste Geschwindigkeit. Die situationsangepasste Geschwindigkeit kann auch deutlich unterhalb eines teilweise geforderten generellen Tempolimits von 130 oder 120 km/h liegen. Die Unfallhäufigkeit ist keineswegs homogen über das gesamte Autobahnnetz verteilt. Der Autofahrer folgt Anordnungen umso eher, je sinnvoller sie ihm erscheinen. Die Einsichtigkeit und als deren Folge die Akzeptanz einer Regel spielen eine überragende Rolle. Zudem ist bereits durch Verkehrszeichen die Geschwindigkeit auf mehr als einem Drittel des deutschen Autobahnnetzes dauerhaft begrenzt. Temporäre Limits im Baustellenbereich und Geschwindigkeitsbeschränkungen durch Verkehrsbeeinflussungsanlagen kommen hinzu. Darüber hinaus weist das deutsche Autobahnnetz eine sehr hohe Verkehrsdichte auf, was faktisch das Fahren mit hohen Geschwindigkeiten immer weniger zulässt. Von der Einführung eines allgemeinen Tempolimits ist daher keine durchgreifender Sicherheitsgewinn zu erwarten.

- Auch ein Vergleich mit ausländischen Unfallstatistiken zeigt, dass die Unfallzahlen dort trotz vorhandener allgemeiner Tempolimits keine zwingenden Schlussfolgerungen auf die Notwendigkeit einer allgemeinen Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen zulassen. Deutschland liegt im internationalen Vergleich hinsichtlich der im Straßenverkehr tödlich Verunglückten im Bereich des „günstigen“ oberen Mittelfeldes. Trotz steigendem Verkehrsaufkommen und steigendem Kfz-Bestand sinkt die Zahl der in Deutschland im Straßenverkehr Getöteten in den letzten Jahren kontinuierlich.

- Soweit auch unter Umweltgesichtspunkten ein generelles Tempolimit befürwortet wird, so wird insbesondere das Potenzial einer CO2 Reduzierung allgemein weit überschätzt. So geht das Umweltbundesamt (UBA) in seinem Bericht „Umweltauswirkungen von Geschwindigkeitsbeschränkungen“ (Mai 1999) davon aus, dass bei einer (unrealistisch) hohen Befolgungsquote von 80 % bei einem Tempolimit von 120 km/h eine Minderung der CO2 Gesamtbelastung von nur 0,3 % und bei einem Tempolimit von 100 km/h von nur 0,5 % zu erwarten wäre.

Mit freundlichen Grüßen

Niels Annen

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