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Niels Annen
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Frage von Simon J. •

Frage an Niels Annen von Simon J. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Annen,

mit Freude vernehme ich, dass Sie sich für die Gesundheit von Nichtrauchern einsetzen. Daher meine Bitte, doch einmal folgende Fragen zum Schutz der Bürger in die Diskussion hineinzutragen und zu beantworten:

1. Wieso ist es Unternehmen erlaubt, so giftige Stoffe wie Formaldehyd, Ammoniak und Cyanid in Produkten zu verarbeiten? In der Lebensmittelbranche wäre so etwas ein Skandal. Wieso wird das in der Genussmittelbranche nicht genauso gesehen?

2. Laut truth.com sterben 33% aller Raucher durch die Folgen ihrer Sucht. Wieso verbietet man derartiger "Killerprodukte" nicht zum Schutz aller Bürger?

3. GG Artikel (2) besagt: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."
Nichtraucher erleiden belegbare Schäden durch Passivrauchen. Gibt es ein Gesetz für Raucher, dass Eingriffe in das Recht auf Unversehrtheit erlaubt?

Gespannt erwarte ich Ihre Antworten und Vorschläge,

Simon Jung

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Jung,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Bitte entschuldigen Sie, dass Sie so lange auf meine Antwort haben warten müssen! Nun will ich aber gern zu Ihren Anmerkungen Stellung nehmen.

In Gesundheits- und Verbraucherschutzkreisen wird in der Tat immer wieder diskutiert, ob statt all der gesetzlichen Regelwerke zum Schutz von Nichtrauchern das generelle Verbot von Zigaretten nicht der bessere Weg sei. So einfach ist es aber nicht. Tabak, daran besteht kein Zweifel, ist eine Droge. Grundsätzlich unterscheidet der Gesetzgeber aber zwischen legalen und illegalen Drogen. Tabak gehört – ebenso wie ja auch Alkohol – zu den legalen Drogen. Daraus ergibt sich, dass ein Verbot der Verarbeitung von Tabak zunächst juristisch nicht haltbar ist.

Neben der juristischen Ebene beinhaltet die Frage des Nichtraucher- und Verbraucherschutzes aber natürlich auch eine politische Dimension. Die Verringerung des Tabakkonsums, ein möglichst umfassender Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens und natürlich auch die Regelung von Herstellungsverfahren sind vordringliche politische Ziele. Um diesem Gesundheitsproblem angemessen begegnen zu können, ist meiner Ansicht nach eine konzertierte Aktion zur Tabakkontrolle mit unterschiedlichen Bausteinen eines nationalen Tabakkontrollprogramms notwendig. Als Politikerinnen und Politiker können wir strukturelle Maßnahmen durchsetzen, um die Nachfrage an Tabakprodukten zu reduzieren, Nichtraucherinnen und Nichtraucher vor den schädlichen Auswirkungen des Tabakrauchs zu schützen und die Herstellung von Tabakprodukten im Rahmen des Verbraucherschutzes wenigstens zu regulieren. Dazu gehören Preiserhöhungen sowie Abgabeverbote von Zigaretten an Kinder und Jugendliche, Präventionskampagnen, Werbeeinschränkungen und der Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz.

Auch das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz fällt in diese Kategorie. Es regelt u. a., ob und wie Inhaltsstoffe bei der Produktion von Lebens- und Genussmitteln verarbeitet werden dürfen. In entsprechenden Verordnungen werden z. T. Grenzwerte und weitere Rahmenbedingungen für die Produktion und den Vertrieb festgelegt. Der größte Teil der gesundheitsschädlichen Stoffe entsteht allerdings beim Verbrennen der Zigarette durch chemische Reaktionen. Dazu gehören auch die von Ihnen genannten Stoffe Formaldehyd und Ammoniak. Da leider immer noch nur die Tabakindustrie die genaue Zusammensetzung und Wirkung ihrer Zigaretten kennt, ist sie Oktober 2002 gemäß § 5 der Tabakproduktverordnung verpflichtet, eine Liste mit allen Zusatzstoffe und deren Wirkung dem Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft anzugeben. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMVEL) veröffentlicht diese Liste auf seiner Internetseite.

Ein weiterer wichtiger Schritt zum Schutz vor den gesundheitsschädlichen Folgen des Zigarettenrauches ist das „Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens“, das der Bundestag im Mai 2007 in 2./3. Lesung beschlossen hat. Nach der Zustimmung des Bundesrates wird das Gesetz zum 1. September 2007 in Kraft treten. Das Gesetz beinhaltet ein grundsätzliches Rauchverbot in allen öffentlichen Einrichtungen des Bundes und im öffentlichen Personenverkehr. Ferner sieht es eine Verbesserung des Schutzes vor Passivrauchen am Arbeitsplatz und eine Verschärfung des Jugendschutzgesetzes vor. Das Gesetz kann allerdings nicht den in der Öffentlichkeit breit diskutierten Bereich der Gastronomie und der öffentlichen Bereiche regeln – dies unterliegt den Hoheitsrechten der Länder und Kommunen.

Ein wichtiger Baustein des neuen Gesetzes ist auch der verbesserte Jugendschutz. Die Altersgrenze für die Abgabe von Tabakwaren und das Rauchen in der Öffentlichkeit ist von 16 auf 18 Jahre angehoben werden. Lediglich für die Zigarettenautomaten gilt eine Übergangsfrist, dies ist aus technischen Gründen erforderlich. Sie müssen zum 1. Januar 2009 so ausgestattet sein, dass Jugendliche unter 18 Jahren keine Zigaretten mehr am Automaten erhalten können. Im Jugendschutzgesetz ist zudem geregelt, dass Werbefilme für Tabakwaren und alkoholische Produkte im Kino bis 18 Uhr nicht mehr gezeigt werden dürfen. Zum Schluss möchte ich noch einmal auf den Gedanken eines generellen Zigarettenverbots – das übrigens auch alle anderen Tabakprodukte einbeziehen müsste, da diese für Konsumenten nicht weniger gesundheitsgefährdend sind – zurückkommen. Die jüngste Gesetzesinitiative zeigt meiner Meinung, dass die Bundesregierung den Schutz vor den Gefahren des Rauchens ernst nimmt. Gesetze und Verordnungen, die den Konsum von Zigaretten nicht verbieten, sondern zu regeln versuchen, können durchaus ein ergiebiges Instrument zur Steuerung des Konsumverhaltens sein. Ein gutes Beispiel dafür ist das Tabaksteuergesetz. In den letzten Jahren ist die Tabaksteuer mehrfach erhöht worden. Im Dezember 2001 wurde die Änderung des Tabaksteuergesetzes beschlossen. Die Tabaksteuer erhöhte sich um jeweils 1 Cent pro Zigarette zum 01. Januar 2002 und zum 01. Januar 2003. Im Dezember 2003 wurde eine weitere dreistufige Tabaksteuererhöhung beschlossen, die den Steuersatz für Zigaretten um jeweils 1,2 Cent pro Stück zum 01. März 2004, zum 01. Dezember 2004 und 01. September 2005 angehoben hat. Aus wissenschaftlichen Publikationen ist bekannt, dass eine 10%ige Preiserhöhung für Zigaretten zu einer durchschnittlichen Verringerung des Zigarettenkonsums um rund 4 % führt. Bei Personengruppen mit geringem Einkommen – hierzu zählen insbesondere rauchende Kinder und Jugendliche – sind durch Änderungen des Zigarettenpreises noch wesentlich stärkere Rückgänge im Zigarettenkonsum zu verzeichnen.

Dennoch können wir uns auf dem Erreichten ganz sicher nicht ausruhen. Die Tabakindustrie muss in Zukunft noch viel stärker in die Pflicht genommen werden und auch die Kontrolle von Schutzbestimmungen sowie die Sanktionen von Verstößen gegen rechtliche Regelungen können wir noch deutlich verbessern.

Herzliche Grüße,

Niels Annen

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