Nicole Gohlke
Nicole Gohlke
DIE LINKE
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Frage von Ines G. •

Frage an Nicole Gohlke von Ines G. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Gohlke,
zur geplanten Masernimpfpflicht habe ich folgende Fragen an Sie:
Droht mir und anderen Eltern der Entzug des Sorgerechtes, wenn wir unsere Kinder nicht, bzw. nicht mehr, impfen lassen?
Was ist die Konsequenz, wenn man zudem nicht bereit ist, die vorgesehene Geldstrafe zu zahlen?
Droht mir als Krankenschwester oder auch anderen unter die Impfpflicht fallenden Berufsgruppen Berufsverbot, wenn man sich nicht impfen lässt
Besteht in Deutschland die Möglichkeit, dass ungeimpfte Kinder von Polizisten aus der Kindertageseinrichtung abgeholt werden, wie in Italien?
Wer übernimmt die Verantwortung, falls Kinder durch Impfungen zu Schaden kommen?
Werden Ärzte verpflichtet vor der Impfung ausführlich über alle möglichen Komplikationen aufzuklären?
Stimmt es, dass es sich bei einer Impfung rein rechtlich gesehen um eine Körperverletzung handelt?
Stimmt es, dass für die Masernimpfpflicht kein Einzelimpfstoff zur Verfügung gestellt wird und daher gleichzeitig auch gegen Mumps und Röteln geimpft werden muss, auch wenn der Impfling diese Krankheiten bereits durchgemacht hat?
Stimmt es, dass die als Komplikation von Masern gefürchtete SSPE Erkrankung auch gleichzeitig eine Komplikation der Masernimpfung darstellt?
Ist die Masernimpfpflicht ihrer Meinung nach mit dem Grundgesetz vereinbar?
Herzlichen Dank für ihre Antwort.
I. G.

Nicole Gohlke
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Graßl,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Meine Fraktion DIE LINKE hat im Bundestag bei der Abstimmung über eine Masernimpflicht mit Enthaltung gestimmt. Ich bin selbst eine überzeugte Impfbefürworterin. Denn Impfungen sind eine effektive Methode zur Bekämpfung vieler Infektionskrankheiten. Eine ausreichend hohe Impfquote verhindert zuverlässig Epidemien und kann zum Aussterben von Erregern und zum Verschwinden von einstmals gefürchteten Erkrankungen führen.

Ich nehme warnende Stimmen von Impfskeptiker*innen zur Kenntnis, doch folge letztlich dem wissenschaftlichen Konsens, wonach der Nutzen der allermeisten Impfungen – auch gegen Masern – den Risiken weit überwiegt. Masern sind eine schwerwiegende Viruserkrankung, die in den Jahrzehnten vor der Entwicklung eines Impfstoffes regelmäßig zu vielen Todesfällen und schweren geistigen und körperlichen Behinderungen geführt hat.

Jeder Mensch bzw. dessen gesetzliche Vertretung kann sich grundsätzlich frei für oder gegen medizinische Maßnahmen entscheiden. Diese Freiwilligkeit ist ein hohes Gut, denn es geht um Selbstbestimmung, körperliche Unversehrtheit und auch das Vertrauen in die Patientenorientierung der Medizin. Dem gegenüber stehen der Schutz der öffentlichen Gesundheit, die Verhinderung von Epidemien und damit auch die körperliche Unversehrtheit derjenigen, die mit Krankheitserregern infiziert werden könnten, im Fall der Masern z.B. Kinder unter einem Jahr und Menschen, die gesundheitsbedingt nicht geimpft werden konnten oder die trotz Impfung nicht immun sind (sogenannte Impfversager).

Um dieses Ziel zu erreichen, sind grundsätzlich die mildest möglichen Mittel zu wählen. Eine freiwillige und informierte Entscheidung der einzelnen Menschen sollte die Leitschnur emanzipatorischer linker Gesundheitspolitik sein. Die Impfpflicht nimmt dagegen den Einzelnen diese Entscheidung ab: Der Staat definiert, was richtig und was falsch ist und bedroht Ungehorsam mit Strafe. Dieser Erziehungsduktus ruft verständlicherweise Unbehagen, Misstrauen oder sogar Widerstand hervor. Wie bei anderen Maßnahmen der Prävention sollte auch hier gelten: befähigen statt erziehen.

Eine wichtige Maßnahme ist ein flächendeckendes, aufsuchendes Informationsangebot für Eltern, etwa in der Kita, der Schule etc., das wertfrei, verständlich und ohne erhobenen Zeigefinger den Stand des Wissens vermittelt. Ärztinnen und Ärzte, aber auch etwa Hebammen und Entbindungspfleger sollten berufsrechtlich auf eine Information zum Impfen verpflichtet werden. Die größten Impflücken bestehen nicht bei Kindern, sondern bei Erwachsenen unterschiedlicher Altersgruppen. Es sollte ein selbstverständlicher Teil (haus-)ärztlicher Tätigkeit sein, den Impfstatus ihrer Patient*innen zu kennen und ggf. Beratungen anzubieten. Auch Geflüchtete und ihre Kinder müssen dringend Zugang zu einer umfassenden, auch präventiven medizinischen Versorgung erhalten. Durch die Unterbringung in Sammelunterkünften sind sie besonders gefährdet und durch das Leben auf engem Raum verbreiten sich Krankheiten besonders schnell. Mit wenig finanziellem Aufwand könnte hier ein großer Nutzen erzielt werden. Das Asylbewerberleistungsgesetz ist dahingehend zu ändern. Die Forschung zu erwünschten (Effektivität des Impfschutzes) wie unerwünschten (Impfschäden) Wirkungen des Impfens muss intensiviert und die Ergebnisse müssen objektiv an die Öffentlichkeit kommuniziert werden. Menschen, die einen der seltenen schwerwiegenden Impfschäden erlitten haben, müssen die bestmögliche Behandlung erhalten.

Wer sich einer Impfung verweigert, der erhöht das Risiko für sich aber auch andere. Das finde ich unsolidarisch und inakzeptabel. Insofern möchte ich alle aufrufen, sich gegen Masern und auch gegen Corona zu impfen. Eine generelle Impfpflicht aber lehne ich ab.

Mit freundlichen Grüßen,

Nicole Gohlke

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