Nadyne Saint-Cast
Nadyne Saint-Cast
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michael P. •

Rückkehr zur verbindlichen Grundschulempfehlung?

Sehr geehrte Frau Saint-Cast,

mit Entsetzen lese ich, dass es in der Landesregierung starke Tendenzen zu einer "verbindlicheren" Grundschulempfehlung gibt. Möchten die Grünen jetzt allen Ernstes wieder den Willen der GrundschullehrerInnen über den Eltern-Willen stellen und aus der Empfehlung wieder einen Zwang machen, wie es in jahrzehntelanger CDU-Herrschaft üblich war? Es mag ja sein, dass es manchmal ein Fehler ist, wenn Kinder entgegen der Empfehlung aufs Gymnasium geschickt werden. Umgekehrt kenne ich mindestens ein Kind, dem die Gymnasialempfehlung von der Grundschule verweigert wurde, und das mittlerweile problemlos die 7. Klasse Gymnasium besucht - eben weil die Eltern wählen durften. Hier war die Empfehlung offensichtlich falsch - wäre sie verbindlich gewesen, hätte das Kind nicht die geeignete Schulform besuchen können!
Wie ist Ihre Meinung dazu und was plant die Landesregierung konkret?
Vielen Dank für Ihre Antwort!

Nadyne Saint-Cast
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Es findet keine Rückkehr zur verbindlichen Grundschulempfehlung statt, wie sie vor 2012/13 in Baden-Württemberg verpflichtend war. Stattdessen wird die Grundschulempfehlung weiterentwickelt und valider gestaltet. Sie besteht künftig aus einem dreiteiligen Verfahren: der Empfehlung der Lehrkraft, dem Ergebnis der Lernstandserhebung Kompass 4 (ergänzt um ein überfachliches Beobachtungsinstrument) und dem Elternwunsch. Die Einschätzung der Lehrkraft wird damit nicht über, sondern neben den Elternwillen gestellt. Das Ergebnis bietet Eltern eine differenzierte und verlässliche Grundlage für ihre Entscheidung über die Schullaufbahn. 
Wichtig dabei: Der Elternwille nimmt weiter eine besondere Stellung ein. Wenn nur eine der drei Komponenten erfüllt ist, aber die Eltern ihr Kind dennoch auf ein Gymnasium schicken wollen, muss das Kind einen verbindlichen Potenzialtest absolvieren, der nicht an der Grundschule durchgeführt wird.
Im Kontext der Wiedereinführung von G9 ist die Umsetzung eines Instruments zur stärkeren Schülerstromlenkung unumgänglich. Wir wissen zudem aus Studien, dass die Schulartwahl und der Schulabschluss der Eltern in einem engen Zusammenhang stehen, was zur Benachteiligung von Kindern führt, deren Eltern keinen höheren Schulabschluss haben. Die Einführung eines objektivierteren Entscheidungsinstruments bietet die Chance, den Effekt der sozialen Herkunft zu verringern und soll demotivierende Misserfolge und Überforderung bei Schüler:innen verhindern. Damit wird dem Aspekt der Bildungsgerechtigkeit entsprochen und die Qualität des Bildungssystems wird in diesem Zuge weiter gestärkt. 

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