Frage an Nadja Hirsch von Jochen R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hirsch,
wie ich der Internetseiten "LobbyPlag" und "netzpolitik.org", sowie dem "gutjahrs blog" entnommen habe, wird zur Zeit im Europäischen Parlament an einer sogenannte Datenschutzreform gearbeitet: "General Data Protection Regulation (GDPR)".
Wie ich den oben genannten Quellen entnommen habe, nehmen scheinbar verschiedene Unternehmen und Interessenverbände dabei großen Einfluss auf die Ausgestaltung der Gesetzestexte. Genauer, Textvorlagen werden von MitarbeiterInnen dieser Unternehmen und Interessenverbänden verfasst und scheinbar in unterschiedlichem Umfang von einigen Abgeordneten in deren Gesetzestextvorschläge übernommen. Schließlich werden die Vorschläge dann zur Abstimmung im Parlament eingereicht.
In diesem Zusammenhang habe ich folgende Fragen an Sie:
1. Wie stehen Sie zum Thema "Einflussnahme auf die Politik durch LobbyvertretterInnen"?
2. Wie ist Ihre Position bzgl. der oben genannten Datenschutzreform?
Vielen Dank für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen,
Jochen Raidl
Sehr geehrter Herr Raidl,
vielen Dank für Ihre Nachricht an mich und Ihr Interesse an meiner politischen Arbeit.
Innerhalb der FDP im Europäischen Parlament ist mein Kollege Alexander Alvaro als innenpolitischer Sprecher und Mitglied des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) für das Thema Datenschutz zuständig. Im Rahmen meiner Arbeit im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) habe ich eine Stellungnahme zur Datenschutz-Grundverordnung erarbeitet und mich dabei insbesondere mit dem Thema des Datenschutzes von Arbeitnehmern (Artikel 82) beschäftigt.
Anfang Januar haben im Europäischen Parlament die Beratungen zu der seitens der Europäischen Kommission erarbeiteten Datenschutzverordnung begonnen. Der Datenschutz rückt immer stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung und personenbezogene Daten werden so etwas wie eine neue Währung für Dienstleistungen. Für die Liberalen ist der Datenschutz von höchster Priorität. Generell begrüßen wir daher den Kommissionstext, da dieser unserer Meinung nach in die richtige Richtung geht.
Allerdings fordern wir, dass diese Datenschutzverordnung nicht überfrachtet wird, damit sie in der Praxis auch anwendbar bleibt. Zudem darf es nicht zu Regelungen kommen, die die Datenverwendung durch die Hintertür erlauben. Zudem wollen wir adäquate Pflichten für unterschiedliche Kontext- und Risikofaktoren einführen. Dies ist notwendig, da die Daten entsprechend des Kontextes einen anderen Stellenwert haben. So muss z.B. ein Unterschied gemacht werden, ob die Daten bei einem Zeitschriftenanbieter oder einem Facharzt gespeichert werden. Im liberalen Interesse sind des Weiteren die Einführung einer leicht verständlichen Datenschutzerklärung sowie eines Europäischen Datenschutzzertifikats (European Data Protection Seal). Bei der neuen Datenschutzverordnung muss dem Benutzer, der seine Daten im Internet preisgibt, zudem ein Recht auf die Löschung seiner Daten zugesichert werden. Diese Punkte werden helfen, dass einerseits das fundamentale Recht der Bürger auf Datenschutz respektiert wird und andererseits auch weiterhin die Förderung innovativer Geschäftsmodelle möglich ist.
Beim Arbeitnehmerdatenschutz fordern wir eine klare Stärkung der Arbeitnehmer und ein Mindestschutzniveau für Beschäftigte. Demnach soll die Verarbeitung von Beschäftigungsdaten ohne deren Kenntnis grundsätzlich unzulässig sein. Die Überwachung von Arbeitnehmern anhand von Aufnahmen mit Video oder Mikrophon in Sanitär-, Umkleide-, Schlaf-, oder Pausenräumen muss verboten werden.
Die Datenschutzreform ist eines der umfangreichsten Gesetzesvorhaben der EU. Sie wird Auswirkungen auf viele unterschiedliche Bereiche und Arbeitsfelder haben. Daher sind auch viele Interessensgruppen beim politischen Entstehungsprozess involviert.
Der Austausch mit den verschiedenen Interessensgruppen, die auch die unterschiedlichen Meinungen der Wirtschaft, Zivilgesellschaft und letztlich auch der Bürger Europas widerspiegeln, ist ein legitimer Akt der parlamentarischen Demokratie. Zudem ist es so, dass nicht jeder Abgeordnete Spezialist auf allen Gebieten sein kann. Daher kann ein Meinungsaustausch mit verschiedenen Interessensgruppen zur Wissenserweiterung für die Abgeordneten nützlich sein. Hierbei muss allerdings gewährleistet sein, dass es nur zu einem Meinungsaustausch und keinerlei direkter Einflussnahme auf die politische Willensbildung durch Lobbyvertreter kommt.
Sie können versichert sein, dass sich die FDP im Europäischen Parlament im Rahmen der parlamentarischen Arbeit dafür einsetzen wird, dass es zu einem bestmöglichen Schutz der Daten der Bürger Europas kommt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Nadja Hirsch